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Schummeln? Merkt ja keiner

Der Präsident des bitterarmen Tschad hat Wahlen angesetzt, um an der Macht zu bleiben – trotz logistischem Chaos und Streit um den Missbrauch von Öleinnahmen

N’DJAMENA taz ■ Gut einen Monat vor den tschadischen Präsidentschaftswahlen am 20. Mai ist nur sehr wenig klar über sie. Dass sie stattfinden werden, schon, und dass alles andere als ein Sieg des amtierenden Präsidenten Idriss Deby ein kleines Wunder wäre. Aber wie das gesamte Unternehmen finanziert werden soll und wie zum Beispiel die Urnen durch den riesigen Staat transportiert werden und von wem, ist völlig offen.

Tschad gehört zu den ärmsten Ländern der Welt. Von der Fläche her das fünftgrößte Land Afrikas, hat es nur ein paar hundert Kilometer geteerte Straßen rund um die Hauptstadt N’Djamena. In der Regenzeit sind viele Landesteile monatelang abgeschnitten. Die zwei nördlichen Drittel des Landes sind Wüste und Halbwüste. In vielen Regionen sind die Beamten schon seit ein paar Monaten nicht mehr bezahlt worden. In allen Städten des Landes ist der Strom rationiert – ein, zwei Tage ist er da, dann wird er abgeschaltet und ein anderes Stadtviertel ist an der Reihe. An der Misere wird wohl auch die Ölförderung im Süden des Landes, die ab 2003 jährlich 150 Millionen US-Dollar in die Staatskasse bringen soll, wenig ändern.

Zu allem Überfluss begann im Oktober 1998 eine Rebellion in der Wüstenregion Tibesti im hohen Norden des Landes, angeführt vom ehemaligen Innen- und Justizminister Yussuf Togoimi. Auch wenn die Kämpfe über tausend Kilometer nördlich der Hauptstadt stattfinden, sind sie gefährlicher für die Regierung, als diese zugibt. Sie unternimmt massiv Zwangsrekrutierungen in den Städten. In Abéché, im Osten des Landes, kursiert das Gerücht von nächtlichen Entführungen, und nach Sonnenuntergang geht dort kein junger Mann mehr auf die Straße.

Außerdem musste die Regierung Ende Januar einräumen, dass sie den Großteil einer Bonuszahlung der im Land aktiven Ölkonzerne zum Waffenkauf verwendet hat. Aber eine Bedingung für die Genehmigung eines Weltbankkredites zum Bau einer Pipeline, über die das Rohöl an die kamerunische Küste gepumpt wird und an dem wiederum die Zustimmung der Ölfirmen für die Förderung hing, war die Verwendung der staatlichen Öleinkommen zur Armutsbekämpfung und zur Verbesserung der Infrastruktur. Ein Komitee, in dem Kirchen und Nichtregierungsorganisationen (NGO) vertreten sind, sollte das überwachen. Das Kontrollkomitee ist bis heute nicht entstanden, und bis heute ist nicht geklärt, nach welchen Statuten es arbeiten wird.

„Wir haben Angst, dass das Kontrollkomitee nun nie mehr einberufen wird“, sagt Mahamat Ahmat Abakar, Vorstandsmitglied des NGO-Verbandes Cilong. Zwei Oppositionsparteien und eine Partei der Regierungskoalition haben deshalb die Verschiebung der Präsidentschaftswahlen gefordert, nominierten jedoch inzwischen alle drei ihre Kandidaten.

Saleh Kebzabo, Landwirtschaftsminister und Chef der Partei UNDR in der Koalitionsregierung, räumt ein, dass die Wählerlisten aufgeblasen sind. Und die letzten Wahlen von 1996 genügten nach Einschätzung der Beobachter keinerlei demokratischen Standards. Die größte Unsicherheit der Wahl liegt jedoch in ihrer Logistik. Die elektronische Erfassung aller Wähler würde Manipulation erschweren, aber die Zeit bis zu den Wahlen reicht wohl höchstens noch aus, um die Wähler in den großen Städten zu erfassen.

Nun hat die tschadische Regierung Frankreich gebeten, den Transport der Urnen und des Wahlpersonals zu übernehmen, denn die staatliche Fluggesellschaft Air Tschad ist vor einigen Jahren Pleite gegangen. Frankreich hat Soldaten im Tschad stationiert. Aber die französische Regierung scheint unwillig, sich zwischen die Fronten zu begeben. Denn da auch die Stimmzettel in Frankreich gedruckt werden, wirft Tschads Opposition Frankreich jetzt schon Komplizenschaft bei der erwarteten Wahlmanipulation vor.

PETER BÖHM

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