berliner szenen: In der Horizontalen
Gute Vibes
Im „Stilwerk“ in der Kantstraße blüht ein „nontraditional garden“ mit blaugelbweißen Blumen, winzigen Sträuchern und Moosen. Der wurde in den Stein- und Glaskörper des Edelkaufhauses designt. In der dritten Etage des Gebäudes hat seit Ostern eine „Sauerstoffbar“ geöffnet.
Eine Bar mit Tresen, Keeper und Hockern zum „Tanken“ ist das aber nicht. Im Möbelladen „Leolux by Oliver Kuhlmey“ hat man eine Promotionsecke eingerichtet, in der gesund machende Sitzmöbel zum Testliegen und Tankbehälter mit Atemmasken stehen. Hier kann sich der gestresste Kunde jeden Samstag seinen O2-Kick holen, für umsonst. Dafür muss man auf einem der ergonomischen Massagesessel klettern. „Das machen wir als Serviceleistung, zur Entspannung“, sagt die Dame im grauen Hosenanzug. Ihre Schuhe sind zu eng, oberhalb ihres Spanns quillt das Fleisch über den Lederrrand. Resolut geleitet sie mich zu einem Sitzmöbel, sagt Mantel aus, hinsetzen, Po richtig „ran an die Sessellehne“, und dann geht’s los. Das Möbel verändert seine Rücken- und Fußpolster, surrt mich oben nach hinten und unten nach oben.
Die Leolux-Vertreterin legt mir eine Fernbedienung auf den Oberschenkel mit der Anweisung „jetzt proportionieren wir mal selber.“ Ich proportioniere, drücke auf eine Taste, spüre Stöße. Die Servicedame kennt das, kneift kurz die Lippen zusammen und fragt, ob ich entspanne. Ich nicke. Sie geht in die Personalküche und trinkt Kaffee. Ich bleibe auf dem Massagestuhl zurück, die Vibrationen durchströmen diagonal meinen Körper. „Wollen sie Sauerstoff?“ Schon habe ich die Atemmaske im Gesicht. „Zehn Minuten.“ JANA SITTNICK
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