Ausgezeichnete kritische Bemerkungen

Uta Leichsenring, Polizeipräsidentin von Eberswalde, wird für ihr Engagement gegen rechts als „mutige Frau“ geehrt

Die Polizeipräsidentin von Eberswalde, Uta Leichsenring, ist Trägerin der Auszeichnung „Das unerschrockene Wort“. Am Samstag erhielt sie in Erfurt den alle zwei Jahre vergebenen Preis der 13 deutschen Lutherstädte. Die 51-jährige Leichsenring sei eine „mutige Frau“, die sich für den Kampf gegen Fremdenhass und rechte Gewalt stark mache, so die Begründung. Die Auszeichnung ist mit 20.000 Mark dotiert.

Die ehemalige Bürgerrechtlerin gibt sich allerdings bescheiden. Ihr Engagement sei „schlichtweg normal“. Was in Brandenburg nur bedingt stimmt: Schon als Leichsenring vor rund zehn Jahren von der Potsdamer Außenstelle der Gauck-Behörde ins Präsidium nach Eberswalde wechselte, war Gewalt von rechten Schlägern ein Problem in ihrem Zuständigkeitsbereich. In der Stadt hatten Neonazis zuvor den Angolaner Amadeo Antonio auf offener Straße erschlagen.

Das Engagement gegen rechts ist seitdem ein Hauptanliegen der studierten Ökonomin. Auch jenseits ihres Amtes engagiert sie sich für mehr Zivilcourage gegen Rechtsextremismus. Ein Kampf, den Leichsenring teilweise auch mit dem eigenen Apparat ausfechten musste: Als 1994 Misshandlungen von Vietnamesen auf der Polizeiwache Bernau bekannt wurden, reagierte die Präsidentin mit einer sofortigen Suspendierung der beschuldigten Beamten. Eine Entscheidung, mit der sich die Polizeichefin bei ihren Untergebenen nicht gerade beliebt machte.

Ihre Tage als Polizeipräsidentin scheinen allerdings gezählt. Die Landesregierung hat auf Vorschlag des Innenministers Jörg Schönbohm (CDU) eine Neustrukturierung der Polizei beschlossen. Mitte dieses Jahres sollen vier von derzeit sechs Polizeipräsidien geschlossen werden, auch das in Eberswalde.

Die Chancen Leichsenrings auf eines der beiden verbleibenden Ämter sind schlecht – so schlecht wie ihr Verhältnis zu Schönbohm. Dessen Staatssekretär Eike Lancelle (CDU) hatte die engagierten Polizeipräsidentin wegen kritischer Bemerkungen zu den von Schönbohm vorgeschlagenen Änderungen abgemahnt: „Ihnen obliegt es nicht, für bestimmte Strukturmodelle öffentlich zu kämpfen.“

Anfang März musste Leichsenring gar einen Pressetermin für eine Zivilcourageaktion absagen. Schönbohm hatte sie zeitgleich zu einem persönlichen Gespräch zitiert. DIRK HEMPEL