Prags Konservative wollen EU-Debatte

Das „Manifest des Eurorealismus“ spricht sich gegen eine gemeinsame europäische Sicherheitspolitik aus

PRAG taz ■ Tschechiens Parlamentspräsident Václav Klaus sammelt Munition gegen die EU. Auf einer so genannten Ideenkonferenz anlässlich des zehnjährigen Bestehens seiner liberal-konservativen Partei ODS, wurde das „Manifest des tschechischen Eurorealismus“ vorgestellt. Der Text aus der Hand von Schattenaußenminister Jan Zahradil analysiert auf 12 Seiten, was der Parteivorsitzende Klaus schon lange immer wieder Richtung Brüssel verlauten lässt. „Wir wollen nicht kopflos und ohne offene Diskussion mit all dem übereinstimmen, was die EU von uns verlangt“, sagte er in seiner Eröffnungsrede.

Ein wichtiges Thema ist für Klaus die von der EU-Kommission vorgeschlagene Übergangsfrist für die Freizügigkeit von Arbeitnehmern. Dies bedeute, so die ODS, dass Tschechien in der EU ein Mitglied zweiten Ranges wäre. Damit geben die Konservativen, die die sozialdemokratische Minderheitsregierung im Parlament unterstützen, eine immer stärker werdende Stimmung unter der tschechischen Bevölkerung wieder. Und dies nicht ohne Grund. Wie in Deutschland wird auch in Tschechien im nächsten Jahr ein neues Parlament gewählt. Der Vorwahlkampf läuft bereits.

Im „Manifest des tschechischen Eurorealismus“ verweisen die Autoren darauf, dass das Land traditionell dem angelsächsischen liberalen Konservatismus zugeneigt sei. Deshalb stünden einige Konzepte der europäischen Einigung im Widerspruch zur tschechischen Staatsidee. Dazu gehören, so das Manifest, „die heutige zentral-distributive europäische Sozialdemokratie“ wie auch „der christdemokratische politisch zentralisierende Katholizismus“. Das Europa der ODS ist weder föderal noch regional – sondern baut auf eine Zusammenarbeit der Regierungen europäischer Nationalstaaten. Denn: „Es gibt keine europäische Identität, es gibt nur nationale Identitäten“ – was schon allein durch die mangelnde Autorität des Europäischen Parlaments bewiesen werde.

Auch eine gemeinsame europäische Sicherheitspolitik, die etwa in Konkurrenz zu den USA und der Nato stehen könnte, lehnt die ODS ab.

Die Euroskepsis der ODS ist nichts Neues. Zwar war es eine ODS-Regierung, die 1992 das Assoziierungsabkommen unterschrieb, doch Klaus polemisierte schon kurz nach der Wende gegen den „EU-Zentralismus“. Er solle endlich den Mund halten, übermittelte letztes Jahr Erweiterungskommissar Günter Verheugen dem vorlauten Expremier. ULRIKE BRAUN