Kommentar
: Der PR-Spagat

■ Warum die Vermarkter des FC St. Pauli auf die Fans Rücksicht nehmen müssen

Wer den FC St. Pauli vermarkten will, muss immer auf der Suche nach dem etwas Anderen bleiben. Schließlich hat der etwas andere Fußballverein etwas andere Fans, die etwas anderes im Stadion präsentiert haben wollen als anderswo. Zumindest hielt sich diese Vorstellung so hartnäckig, dass sie vor etwa drei Jahren zur Marketing-Strategie gerinnen konnte. Die Kampagne um den „Starclub“ verband bodenständige Kiez-Tradition mit frechem Auftreten und suggerierte die gewünschte selbstironische Haltung.

Inzwischen sind die so eröffneten Potenziale ausgeschöpft. Ein neuer Vermarkter hat das Ruder am Millerntor übernommen, eine neue Kampagne muss gestartet werden. Doch leider sind die Fans, die noch immer das etwas andere Kapital des Vereins bilden, eigen. Zwar nicht so sehr, wie es der ewig dumm weitertradierte „Mythos FC St. Pauli“ glauben machen mag. Aber ein einflussreicher Teil der Anhänger ist hinreichend empfindlich und reagiert verschnupft auf einfältigen PR-Quark.

Genau da beginnen die Schwierigkeiten: Wie kreiert man ein Image, ohne diejenigen zu verschrecken, die es ausmachen? Dieser Spagat fiel dem bisherigen Vermarktungsteam um Götz Weisener relativ leicht. Jetzt müssen Christian Toetzke und seine Mannschaft beweisen, dass sie diese Übung ebenfalls beherrschen.

Sonst verprellen sie die Anhänger und damit die Grundlage ihrer Arbeit. Und der FC St. Pauli litte sehr schnell wieder unter finanziellen Problemen – wie ehedem. Eberhard Spohd

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