DIE CDU KLÄRT ÜBER SPENDEN NUR AUF, WENN GERADE KEINE WAHLEN SIND
: Rückhaltlos verschwiegen

Na so was: Man blättert mal wieder das „Kapital“ durch und entdeckt einen Hundertmarkschein, der als Lesezeichen diente, oder man will seine Steuererklärung machen und findet Essensgutscheine im Wert von 200 Mark zwischen den Belegen. Was es nicht alles gibt? Das muss sich auch Walther Leisler Kiep gedacht haben, als Wirtschaftsprüfer vor ein paar Wochen eine Million Mark „herrenlos“ auf seinem Konto entdeckten. Wo kommt die nur her? Schwarzgeld, Spenden oder doch Erspartes? Kiep weiß es nicht, und die ehemaligen Kollegen bei der CDU auch nicht: kollektiver Gedächtnisschwund. Das kommt vor.

Trotzdem ist die CDU sicher: Das Geld steht ihr zu. Und Kiep gibt ihr in einem Brief vom 21. März (!) Recht, und auch die Überweisung der Million an die Partei hatte er selbstverständlich schon veranlasst. Das alles geschah ein paar Tage vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Seitdem weiß die Union von dem Geld, seitdem wussten die Mitglieder des Parteivorstandes von der Überweisung. Nur: Weder Merkel noch Merz oder Meyer informierten die Öffentlichkeit. Keiner dachte auch nur im Traum daran, die dubiose Überweisung den Kollegen im entsprechenden Untersuchungsausschuss zu melden. Die Parteispitze schwieg und stürzte sich stattdessen mit vollem Elan in eine schmutzige Kampagne gegen Umweltminister Trittin. „Stolz darauf, ein Deutscher zu sein“, postulierte Laurenz Meyer; stolz darauf, ein Aufklärer der Spendenaffäre zu sein – das hielt er nicht für nötig. Wie sonst könnte die CDU Wahlen gewinnen?

Gerade die neue Kiep-Million offenbart: Die Union ist trotz aller Beteuerungen weder willens, die Affäre „rückhaltlos“ aufzuklären, noch bereit, eine Wiederholung des Skandals zu verhindern. Eine Reform der Spendenpraxis? Mit Merkel, Merz & Meyer wird sie nicht kommen. Denn das setzte voraus, dass die CDU eine neue Führung mit neuem Stil besitzt. Diese Annahme einiger Optimisten hat sich immer wieder als Illusion erwiesen. Schlimmer noch: Die Bürger ahnen das, auch wenn es man ihnen nicht termingerecht verrät, und geben immer öfter ihre Stimmen nicht ab – wie zuletzt bei den Landtagswahlen. DANIEL HAUFLER