Immer cool, fit und gut drauf

Die Zahl der Drogentoten ist im vergangenen Jahr erneut gestiegen. Doch wie die richtige Strategie im Kampf gegen Drogen aussieht, verrät auch der Suchtbericht nicht: Weder rot-grüne Politik noch Bayerns repressiver Ansatz zeitigen Erfolg

von NICOLE MASCHLER

Der durchschnittliche Drogentote ist männlich, Ende 30 und war neun Jahre lang auf Heroin. Insgesamt 2.030 Menschen sind in der Bundesrepublik im vergangenen Jahr an den Folgen ihres Drogenkonsums gestorben, 11,6 Prozent mehr als 1999. Eine „Neuausrichtung der Suchtpolitik“ kündigte daher die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marion Caspers-Merk, gestern bei der Präsentation des „Sucht- und Drogenbericht 2000“ in Berlin an.

Die Drogen- und Suchtkommission beim Gesundheitsministerium erarbeite Bausteine für eine moderne Präventionsstrategie, die bis zum Herbst vorliegen und auch neue Suchtmittel wie Medikamente und Designerdrogen berücksichtigen solle. „Die Antworten, die der nationale Drogenbekämpfungsplan aus dem Jahre 1990 liefert, sind nicht mehr zeitgemäß.“

Tatsächlich ist die Zahl der Drogenopfer so hoch wie selten zuvor. Nur 1991 und 1992 lag sie mit 2.125 bzw. 2.099 noch höher. Und noch etwas ist alarmierend: Auch wenn es vor allem Langzeitabhängige sind, die an den Drogen sterben, ist doch die Zahl der Erstkonsumenten um 9,8 Prozent gestiegen. Und: Es sind vor allem Jugendliche, die „ein riskantes Konsummuster pflegen“. Am Wochenende werde von ihnen erwartet, dass sie „cool, fit und immer gut drauf“ seien, so Caspers-Merk.

Ziel einer Gesamtstrategie sei, den Einstieg in den Konsum hinauszuzögern und zugleich Abhängigen den Ausstieg zu ermöglichen. Um die Jugendlichen zu erreichen, setzt die Drogenbeauftragte auf das Internet. Der steigende Drogenkonsum junger Aussiedler deute auf ihre mangelnde Integration in die Gesellschaft hin, so Caspers-Merk. Mit dem Aussiedlerbeauftragten der Bundesregierung würden daher Fortbildungsangebote für Betreuer erarbeitet.

Doch die Daten lassen nur bedingt Rückschlüsse auf die Drogenpolitik zu. Vor allem in Bayern, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen ist die Zahl der Drogentoten deutlich angestiegen, in Bayern gar um knapp 27 Prozent auf 340 Tote. Insbesondere Bayern hatte die rot-grüne Drogenpolitik abgelehnt und im vergangenen Februar im Bundesrat gegen die Einrichtung von „Fixerstuben“ sowie die Abgabe von Heroin auf Krankenschein gestimmt. Die Sucht würde damit nur unterstützt, hieß es. Tatsächlich wurden bei jedem vierten Drogentoten Substitutionsmittel, insbesondere Methadon, nachgewiesen. Bei ordnungsgemäßer Behandlung gebe es jedoch keine Probleme, so Caspers-Merk. Vielmehr sei hier Missbrauch im Spiel. So wandere das Methadon aus den Substitutionsprogrammen auf den grauen Markt. Bereits im März hat Rot-Grün daher per Kabinettsbeschluss verbindliche Qualifikationen für behandelnde Ärzte festgelegt und zudem ein zentrales Substitutionsregister angekündigt.

Doch auch der repressive Ansatz Bayerns, das zeigt der Bericht, hat keine Wirkung gezeitigt. Im Gegenteil. Für Caspers-Merk ist dies jedoch kein Grund zur Häme. „Die Zahl der Toten kann nicht Indikator für den Erfolg der Drogenpolitik sein.“

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