Supersaftige Sondertarife

Auch die Polizei ist Dienstleister und baut deshalb ihre Angebotspalette konsequent aus

Rent a cop – dem Mietpolizisten aus dem Otto-Schily-Katalog gehört die Zukunft

Darauf hatte man seit ja längerem gewartet: Eine Wegtragegebühr, die Demonstranten entrichten müssen, wenn die Polizei sie von Schienenwegen, Straßen und Zufahrten entfernt. In Baden-Württemberg wurde sie im Zuge der Maßnahmen gegen Atomkraftgegner kürzlich erstmals erhoben. Für einmal Wegtragenlassen berechnet die Behörde eine Taxe, die, je nach Gewicht, Griffigkeit und Wegstrecke schwankend, zwischen 100 und 200 Mark beträgt. Ein komischer und teurer Service, den die Polizei da anbietet, doch vor allem ein ausbaufähiger.

Denn wenn die Polizei schon Geld nimmt für ihre dubiosen Dienstleistungen am Kunden, dann sollte sie die Angebotspalette erweitern und allgemein gestaffelte Tarife festsetzen. Die Polizisten aus Baden-Württemberg, die zur alljährlichen Leistungsschau der Polizeiarbeit am 1. Mai nach Berlin gekommen sind, hätten das ihren ebenfalls angereisten Kollegen aus den anderen Bundesländern mal beibiegen sollen. So hätte man mit den Reise-, Unterbringungs- und Verpflegungskosten beginnen können, für die selbstverständlich die Demonstranten aufkommen sollten und nicht die Polizei. Bei 9.000 einbestellten Polizisten kommt allein damit eine erkleckliche Summe zusammen, die manche „Chaoten“ vor der „Zusammenrottung“ den Kontostand konsultieren ließe. Da muss vor jedem Pflastersteinwurf erst mal kräftig angespart werden.

Auf diese einleuchtende Weise könnten bald sämtliche Einsätze bilanziert und den Verursachern in Rechnung gestellt werden. Eine Ausweiskontrolle schlüge mit etwa 50 Mark zu Buche, ein Besuchstermin auf dem Revier mit 100 und eine Festnahme mit, sagen wir, 500 Mark. Für die Anmietung von Wasserwerfern, Tränengaskanonen und Knüppeln gäbe es saftige Sondertarife. Wer sich verhören und anrempeln lassen will, hätte 1.000 Mark zu berappen. Und eine gut gemachte versehentliche Erschießung sollte für nicht unter 10.000 Mark zu haben sein.

Schon seit längerem wird ja gefordert, dass Häftlinge Quartier und Service nicht für umsonst gestellt bekommen und auch die Kosten für Spezialpraktiken wie Handschellen, Ausnüchterungszelle oder Strafkarzer selbst aufbringen müssen. Angesichts der üblichen Praxis ist es kein Wunder, dass die Gefängnisse überfüllt sind. Kein Krimineller ist so blöd und geht ins Hilton, wenn er in einer JVA den gleichen Standard erwarten kann, ohne dass er einen Pfennig dafür ausgibt.

Weitaus geschäftsmäßiger und profitorientierter agieren könnte auch die Verkehrspolizei. Dass einem nach Radarkontrollen das Foto nach wie vor umsonst ins Haus geschickt wird, ist schwer zu kapieren. Die Polizei sollte ihren Service hier ausbauen und verschiedene Formate, auch Zierrahmen, anbieten, gegen Aufpreis selbstverständlich. Ähnliches gilt für die Knöllchen, die lieblos hinter die Scheibenwischer gesteckt werden. Sie könnten ansprechender gestaltet und vielleicht mit einer kleinen Glückwunschmelodie verbunden werden, die beim Aufklappen ertönt, so dass der Bürger sie mit einem Lächeln in die Hand nimmt und die Gebühren gern bezahlt.

Mit solchen innovativen Initiativen wird die Polizei nicht nur ihr Taschengeld aufbessern, sondern auch ihren ramponierten Ruf reparieren. Denn klar ist: Was nichts kostet, taugt nichts – die Regel gilt auch und erst recht bei unseren rechtschaffenen Ordnungshütern. Mit einer Gebühr für alle polizeilichen Maßnahmen würde ihre gesellschaftliche Akzeptanz zweifellos noch weiter ansteigen. Zum Beispiel würde der Polizeiruf, wenn er eine 01 90-er Nummer hätte, sehr viel öfter in Anspruch genommen werden. Und die Polizei müsste nicht mehr ihre Präsenz mit einem fragwürdigen öffentlichen Auftrag legitimieren, sondern könnte auf Bestellung arbeiten. Rent a cop – dem Mietpolizisten aus dem Otto-Schily-Katalog gehört die Zukunft.

Auf dem Weg zu einem modernen Dienstleistungsunternehmen darf die Polizei sich nicht auf ihre klassischen Einsatzgebiete beschränken. Neben Personenbeförderung, Hotelgewerbe und Saalschutz müssen weitere Geschäftsfelder erschlossen werden. Reklame auf Streifenwagen und Uniformen sollten kein Tabu sein. Polizisten, die durch die Straße laufen wie Formel-1-Piloten und Autogramme geben, dürften von der Bevölkerung ganz anders angenommen werden: kreischende Teenies, ein Riesenrummel. Eben wie am 1. Mai. RAYK WIELAND