: Kleiner Mann, was nun?
Sambias Präsident Frederick Chiluba, Totengräber der von ihm selbst geschaffenen Demokratie
von DOMINIC JOHNSON
Jetzt ist es offiziell: Frederick Chiluba, seit zehn Jahren Präsident von Sambia, will eine dritte Amtszeit. Seine Regierungspartei MMD (Bewegung für Mehrparteiendemokratie) beschloss am Wochenende auf einem Sonderparteitag, ihre Satzung in diesem Sinne zu ändern. Damit kann sie nun anfangen, im von ihr kontrollierten Parlament eine Verfassungsänderung einzuleiten, in der ebenfalls ein Verbot dreier Amtszeiten steht. Der Beschluss fiel mit 80-prozentiger Mehrheit, aber etwa ein Drittel der MMD, darunter Vizepräsident Christon Tembo, hatte den Parteitag boykottiert.
Man könne von Chiluba nicht erwarten, Sambia nach zehn Jahren einfach zu übergeben wie einen Bauernhof, begründete Gesundheitsminister Enoch Kavindele den Beschluss. Eigentlich aber war Chiluba vor zehn Jahren angetreten, um Sambia von Verkrustung und Einparteienherrschaft zu befreien. 1991 setzte der heute 57-jährige Chiluba mit seinem Sieg in Sambias ersten freien Wahlen der Herrschaft des greisen Diktators Kenneth Kaunda ein Ende, der das Land seit der Unabhängigkeit 1964 regiert hatte. In Anbetracht von Kaundas 27-jähriger Herrschaft war die Begrenzung der Amtszeiten eines Präsidenten Kern des Demokratieprogramms der MMD gewesen.
Als Chiluba, knapp 1,50 Meter groß, Kaunda mit über 75 Prozent der Stimmen besiegte, galt dies als Fanal für mehr Demokratie in ganz Afrika. Chiluba, Sohn eines Bergarbeiters und selber ohne Schulabschluss, war seit 1974 Präsident des sambischen Gewerkschaftsbundes gewesen, der in Sambias Kupferrevier den Unmut der Arbeiter über den Niedergang ihrer Industrie und ihres ganzen Landes bündelte. Im Wahlkampf 1991 verglich er sich mit Lech Walesa und ließ sich „schwarzer Moses“ nennen. Doch als er Präsident wurde, setzten sich Korruption und Machtmissbrauch fort und die Lebensverhältnisse der Bevölkerung verbesserten sich nicht.
Als Teile der MMD im Hinblick auf den Wahltermin Oktober 2001 begannen, sich verfassungsgemäß einen neuen Präsidentschaftskandidaten zu suchen, zog der unbeliebt gewordene Chiluba die Notbremse: Er lancierte Kampagnen, die seinen Verbleib im Amt forderten, und ließ Proteste dagegen niederknüppeln. Er nimmt auch die Spaltung der eigenen Partei in Kauf, deren Dissidenten vor Gericht ein Urteil erwirkten, wonach der jetzige Sonderkongress illegal sei. Man kann nun erwarten, dass die beiden Flügel der MMD sich gegenseitig aus der Partei ausschließen.
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