Dem Alles oder Nichts den Ton abdrehen

■ Wie Umweltsenator Porschke gesundheitsschädlichem Lärm beikommen will

Eine Untersuchung der Firma Lärmkontor hat es im vergangenen Jahr an den Tag gebracht: Mehr als 150.000 HamburgerInnen sind dort, wo sie wohnen, gesundheitsgefährdendem Lärm ausgesetzt – und das allein durch den Verkehr auf Hauptstraßen. Umfragen zufolge fühlen sich 70 Prozent der deutschen Bevölkerung durch den Straßenverkehrslärm gestört, weitere 50 Prozent durch Fluglärm. Die Folgen sind Stress, Schlafstörungen und im schlimmsten Fall ein Herzinfarkt.

Weil das so ist, hat Umweltsenator Alexander Porschke (GAL) in seinem Kursbuch Umwelt dem Lärm ein eigenes Unter-Kapitel gewidmet. Als Zwischenziel für das Jahr 2010 gab er die Parole aus: „Niemand soll mehr durch Lärm in seiner Gesundheit gefährdet sein.“ Kein Mensch soll einen Dauerschallpegel von mehr als 65 Dezibel (dB(A)) ertragen müssen. Auf einer Tour durch Altona und Ottensen präsentierte der Senator, wie er dem Lärm beizukommen gedenkt.

Vorbild Spritzenplatz: Wo sich noch in den 50er Jahren zwei Hauptverkehrsstraßen kreuzten, tummeln sich heute die FußgängerInnen. Die Straßen wurden durch eine Diagonalsperre gekappt. Autos fahren auf Einbahnstraßen ins Viertel und werden in einem Bogen wieder hinausgeführt. Trotzdem bleibt der Durchgangsverkehr, der fast die Hälfte des Straßenverkehrs in Ottensen ausmacht, ein großes Problem – und das in einem Viertel, in dem von 1000 Einwohnern nur 240 statt hamburgweit 400 ein Auto besitzen, wie der Sanierungsträger Plankontor ermittelt hat.

Aber es gibt Möglichkeiten, dieser „entscheidenden Herausforderung“ den Ton abzudrehen: Der Verkehr könnte auf wenigen Straßen konzentriert, Pflasterstraßen könnten asphaltiert und Baulücken geschlossen werden, um schallisolierte Höfe zu schaffen. Schlafzimmer und Aufenthaltsräume von Wohnungen könnten auf die lärmabgewandte Seite verlegt, laute Balkone in Wintergärten verwandelt und Parks mit Lärmschutzmauern versehen werden – so wie im Grünzug Altona.

Porschke will da ansetzen, wo die Widerstände am geringsten sind und sich dann zu den Problemfällen vorarbeiten. So müsse bei jeder Planung künftig der Lärmschutz einfließen. Dann könne es gelingen, hofft der Senator, „aus der fundamentalistischen Diskussion des Alles oder Nichts herauszukommen“. Gernot Knödler