Der Rap als kreative Rebellion von Jugendlichen

Ein Kongress gegen Gewalt stellt interessante Jugendprojekte vor. Die diskutierenden Fachleute lassen aber nur die üblichen Schlagworte fallen

„Utopie, besser jetzt als nie. Bau dir deine eigene Welt, wir helfen dir dabei.“ Wir – das sind drei Mädchen in einem Videoclip. Den haben die Mädchen mit den „Sons of Gastarbeita“ produziert. Das Ganze nennt sich nun „Rap für Courage“. „Der Rap als kreative Rebellion eignet sich gut für das Mitteilungsbedürfnis von Jugendlichen“, sagt Ghandi von den „Gastarbeitan“. Gegen Fremdenfeindlichkeit müsse man beim Selbstbewusstsein ansetzen.

Und das will man auf dem Kongress „Für Demokratie – gegen Gewalt“ der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK), der gestern in Berlin begann. Rap für Courage gehört wie die Majdanek-AG zu 40 Modellprojekten im Bereich Jugendarbeit, die im Kongresszentrum am Köllnischen Park vorgestellt werden.

Anders als das Rap-Projekt, hat die Majdanek-AG Geschichte im Auge: Alle zwei Jahre fahren Schüler der Leonardo-da-Vinci-Oberschule zur KZ-Gedenkstätte nach Lublin. Dort versuchen sie mit der Korrektur von Totenlisten und der Rekonstruktion von Biografien der SS-Mitglieder die Geschichte des KZ-Systems aufzuarbeiten. Daneben gibt es Empathietraining, das „Mensch ärgere dich nicht“-Projekt, bei dem Jugendliche für zwei Tage in Polizeiuniformen schlüpfen, um den Alltag aus Sicht der Ordnungshüter durchzuspielen, oder Täter-, Opfer-, Zeugenrollenspiele zur Gewaltanalyse.

„So unterschiedlich die Projekte sind, so kompliziert ist auch das Phänomen der Gewalt“, sagt Peter Fauser, Schulpädagoge an der Universiät Jena und Mitinitiator des Kongresses. Die ausgewählten Projekte sollen als Erfahrungsgrundlage eines neuen bundesweiten Programms der BLK zur Förderung demokratischen Handelns dienen. Lange habe man die Demokratieerziehung als großes Thema der Bildung neben klassischen Themen wie der Naturwissenschaft vernachlässigt. Bis Samstag werden Projektleiter und -teilnehmer nun mit Fachleuten wie Ingo Richter, Direktor des Deutschen Jugendinstituts in München, Gertrud Nunner-Winkler vom Max-Planck-Institut für Psychologische Forschung oder Bernd Wagner, Leiter des Zentrums für Demokratische Kultur, Berlin, über die praktische Ausgestaltung des auf fünf Jahre angelegten Programms reden. Bei dem Progamm, das im Spätherbst beginnen soll, strebt Berlin die „Federführung“ an, erklärte Ulla Dussa von der Senatsjugendverwaltung. Wie das jedoch konkret aussehen soll, davon erfuhr man wenig. Bei der Podiumsdiskussion, die sinnvollerweise den Kongress eröffnete, fielen nur die üblichen Stichworte: „Positive Identifikationsmöglichkeiten schaffen“, „Netzwerke fördern“, „praxisbezogener Unterricht“. „Projekte, Projekte, Projekte“, wie Ingo Richter seinen Redebeitrag beschloss. Eben.

KATJA BIGALKE