Immer die Haltung bewahren

Rad fahren kann zuweilen anstrengend sein. Muss aber nicht. Alles eine Frage der Maße und Ausstattung des Rades

Aufrecht oder lieber gebückt – darüber streiten die Experten. Einige raten zu einer eher geneigten Haltung auf dem Rad, zumindest bei jüngeren beziehungsweise trainierten Bikern. Dabei soll der Oberkörper einen Winkel von 45 bis 50 Grad zum Oberrohr bilden und somit die Wirbelsäule entlasten.

Kim Tofaute, Kölner Sportmediziner, teilt diese Meinung. Er ist maßgeblich beteiligt am Forschungsprojekt „Wellcom“ des Instituts für Rehabilitation und Behindertensport (Deutsche Sporthochschule Köln). In dessen zahlreichen Studien wurde auch festgestellt, dass die Wirbelsäule beim Radeln stärker als andere Körperteile belastet wird.

Dieser Ansicht ist auch der Verein Aktion Gesunder Rücken (AGR). Der allerdings ist fürs aufrechte Sitzen. In Zusammenarbeit mit zwei Rückenschulverbänden legte die AGR Anforderungskriterien für „rückengerechte Fahrräder“ fest. Ausgezeichnet mit einem Gütesiegel wurden drei Modelle (Culture, Avenue, Equinox) des Fahrradherstellers Riese und Müller. Die Räder ermöglichen eine eher gerade Sitzposition und sollen sich auf persönliche Bedürfnisse des Fahrers einstellen lassen. AGR: „Ob Rennrad, Tourenrad oder Cityrad, kein Fahrradtyp ist von sich aus rückenschonend. Vielmehr kommt es auf die Konzeption des jeweiligen Modells an.“

Ergo: Wie man sich setzt, so fährt man. Entweder locker oder leidend. Doch damit die Sitzhaltung nicht zu einer unendlichen Leidensgeschichte wird, lässt sich an jedem Fahrrad einiges tun. So kann zum Beispiel ein verstellbarer Vorbau (Verbindungsteil zwischen Lenker und Gabelschaftrohr) montiert werden. Dadurch lassen sich verschiedene Sitzpositionen ausprobieren. Derartige Modelle sind verstellbar in einer Bandbreite zwischen 0 und 60 Grad. So wird es erheblich leichter, die Höhe des Lenkers und den Abstand zum Sattel individuell anzupassen.

Ebenso können Multifunktionslenker, die mehrere Griffpositionen erlauben, von Nutzen sein. Auch in puncto Fahrradsitzgelegenheit hat Sportmediziner Tofaute eine klare Meinung: „Der Sattel sollte der anatomischen Form möglichst nahe kommen, den passiven Druck durch bestimmte Materialien wie zum Beispiel Gel minimieren, die dynamische Stabilität nicht gefährden und genügend Bewegungsfreiheit ermöglichen.“ Hilfreich könnte da das Angebot etlicher Fachhändler sein, den Sattel innerhalb von zehn Tagen nach Fahrradneukauf umzutauschen.

Doch schon die Wahl der richtigen Rahmengröße kann entscheidend sein fürs stressfreie Fahren. Plagen dürften sich diejenigen, die über einem zu kleinen oder zu großen Rahmen hocken. Fachleute raten zur Ermittlung des richtigen, die Innenbeinlänge zu messen und davon 25 Zentimeter abzuziehen. Ebenso ließen sich durch Justierung der Sattelneigung Fehlhaltungen korrigieren. Hier heißt es im Allgemeinen: am besten neigungslos. Sonst läuft man Gefahr gegen das Rutschen des Hinterns mit stärkerem Arm- und Handgelenkeinsatz ankämpfen zu müssen.

Die „Wellcom“-Forscher haben sich natürlich auch den zahlreichen Federelementen am Fahrrad zugewandt. Sie sind der Ansicht, dass ein abgefederter Hinterbau am wichtigsten sei, um gesundheitsfördernden Rückenkomfort zu gewährleisten. Und wem das alles noch nicht genug oder zu aufwändig ist, dem sei der neueste Trend in Sachen „Fahrrad nach Maß“ empfohlen: das „Body Scanning“. Der Radler soll dabei elektronisch vermessen und dann das Bike nach seinen Daten angefertigt werden. Kurzum: ein Fahrrad nach anatomischem Schnittmuster. Dann klappt’s auch mit der Gesundheit. DORIS FRIEDRICHS