Unsinn – ich sage Ihnen, warum

■ Das Literarische Quartett palaverte am Freitag im Literaturhaus

Die nächste Geschichte, die wir zu besprechen haben, ist eine ganz furrrchtbare Geschichte. Sie handelt davon, dass sich vier Menschen an einem Frreitagabend treffen und nichts tun, als über Bücher zu reden. Es passiert überhaupt nichts, es wird nur geredet. Die vier, ein alter Mann, ein älterer dickerer Herr, eine Zeitungsredakteurin und eine Verlegerin sitzen zusammen, und es wird palaverrrt und palaverrrt, alles ganz amüsant, aber ich frrrage mich, hat der Autor schlicht verrrrgessen, dass er für Leser zu schreiben hat. Ich glaube, er hat. Und das ist das schlimmste, das ein Schrrriftstellährr...

Nein, nein, ich hab das völlig anders gesehen. Zum Beispiel dieser alte Mann. Ein wunderbarer Charakter. Klar, ziemlich eitel, er hat zum Beispiel ein eigenes Buch geschrieben, das er an dem Abend gern erwähnt, aber er versteht es, die ganze Runde zu unterhalten. Und für Literaturfreunde ist die Geschichte eine echte Schatzgrube. Weil es wie eine Geschichte in der Geschichte aufgebaut ist. Ein Buch über Bücher, ich weiß, das ist nicht ganz neu, aber es wirkt noch. Der alte Mann, wie er zum Beispiel diesen Amerikaner Don de Lillo in Grund und Boden ...

Das ist alles rrrichtig, was Sie gesagt haben, aber trotzdem ist es kompletter Unsinn. Kompletter Unsinn, und ich werde Ihnen auch sagen, warum. Warum? Weil die Figuren völlig unglaubwürdig sind. Die Redakteurin hat vor gerade zwei Wochen die Geburrrt einer Tochter hinter sich und trrrotzdem Zeit, dicke Bücher zu lesen und auch noch zu loben wie das Werk von diesem Enquist. Und der Dicke macht auf literrrarisch gebildet und versagt, das ist in einem Seitenkapitel geschildert, wenn ihm in einer völlig überdrehten Werbequizsendung einfachste Fragen gestellt werden. Der Autor hätte bei Thomas Mann nachlesen können, wie man eine solche Geschichte ...

Ich fand, es war ein feingesponnener Roman, eine Entwicklungsgeschichte. Und wie leichthändig dieser Popliterat eingeführt wird, der im Publikum sitzt – das ganze spielt in einem Literaturhaus in irgendeiner nicht näher bezeichneten Stadt im Norden – und das ganze mit einer Mini-Kamera abfilmt, das fand ich irre. Der Literat als Be-obachter von Literaten, die über Literatur sprechen.

Irre – das richtige Wort. Irre langweilig, verzeihen Sie, Verehr-teste. Nur ein Beispiel: Der Autor begeht eine Todsünde: Es wird dauernd über Erotik geredet, aber nichts ist unerotischer als dieses Werk. Das kann man nicht machen.

Ihr Lieben, ich sehe, wir kommen zu keinem Ergebnis. Der Vorhang fällt und alle Fragen offen.

Peter Ahrens