Der Nahe Osten ermüdet den Papst

Bei seinem Besuch in der syrischen Hauptstadt Damaskus wird Johannes Paul II. auch mit regionalen Konflikten konfrontiert

von ANTJE BAUER

Ein erschöpft wirkender Papst hat am Sonntag in einem Damaszener Stadion die Messe zelebirert. Die Müdigkeit kommt nicht von ungefähr. Sein Besuch am Freitag in Griechenland hatte massive Widerstände beim griechisch-orthodoxen Klerus hervorgerufen. Doch hatte er für die „Sünden“ der Katholiken gegenüber den Griechisch-Orthodoxen um Vergebung gebeten. In Syrien wurde er, noch bevor er den roten Teppich auf dem Flughafen verlassen hatte, mit Politik überfallen.

Der junge syrische Staatspräsident Baschar al-Assad nutzte seine Ansprache an Johannes Paul II., um die Israelis zu kritisieren: „Sie versuchen, die Prinzipien aller Religionen zu vernichten, mit der selben Mentalität, mit der sie Jesus Christus verraten haben“, sagte Assad. Der Papst erklärte: „Es ist an der Zeit, zu den Prinzipien der internationalen Legalität zurückzukehren.“

Gestern Abend wollte der Papst die große Ummayaden-Moschee in Damaskus besuchen, in der angeblich die Gebeine Johannes des Täufers liegen. Es ist das erste Mal, dass das Oberhaupt der katholischen Kirche eine funktionierende Moschee besucht. Heute will Johannes Paul II. in Kuneitra auf den Golanhöhen eine griechisch-orthodoxe Kirche aufsuchen, die laut syrischen Angaben von der israelischen Armee 1974 zerstört wurde, als diese sich von dort zurückzog. Zur „Erinnerung an israelische Verbrechen“ wurde sie seither nicht wieder aufgebaut.

Der Papstbesuch im Nahen Osten hatte auch im Libanon Auswirkungen: Die Entscheidung des Oberhaupts der maronitischen Kirche, Kardinal Nasrallah Sfeir, nicht zu diesem Anlass ins Nachbarland zu fahren, wurde als Brüskierung der Syrer interpretiert. Sfeir hatte in den letzten Monaten besonders deutlich einen Rückzug der syrischen Truppen aus dem Libanon verlangt. Dazu hatte Bachar al-Assad vergangene Woche in einem Interview mit der spanischen Tageszeitung El País gesagt, diese Forderung werde nur von einigen Gruppen erhoben. Bei gleicher Gelegenheit hatte Assad erklärt, Syrien beabsichtige nicht, auf die Bombardierung der syrischen Radarstation im Libanon vor drei Wochen militärisch zu reagieren. Die Art und den Zeitpunkt seiner Reaktion entscheide Syrien selbst.

Während der israelische Außenminister Schimon Peres gedämpft optimistisch seine USA-Reise abschloss – die USA wollten Verhandlungen mit den Palästinensern „erleichtern“, aber dabei nicht die Führung übernehmen, erklärte er – trafen sich am Sonntag der jordanische König Abdullah und der ägyptische Präsident Hosni Mubarak in Scharm al-Scheich, um erneut über den ägyptisch-jordanischen Friedensplan zu beraten. Der Plan, der Mitte April veröffentlicht wurde, fordert beide Seiten zu einer Beendigung der Gewalt auf, verlangt von den Israelis eine Beendigung der militärischen und ökonomischen Belagerung der palästinensischen Gebiete und die sofortige Einstellung aller Siedlungstätigkeit. Während die Palästinenser dem Friedensplan positiv gegenüber stehen, widersetzt sich der israelische Ministerpräsident Scharon vor allem der Forderung nach einer Beendigung des Siedlungsbaus. Der jordanisch-ägyptische Friedensplan ist zurzeit der einzige kursierende konkrete Plan zur Beendigung der Gewalt im Nahen Osten und wird auch von der US-Regierung als „Basis“ für weitere Gespräche angesehen.