Gen-Menschen mit drei Eltern

US-Forscher behandeln Eizellen von unfruchtbaren Frauen mit fremdem Erbgut und verschaffen ihnen so die Möglichkeit, Kinder zu bekommen. Kritiker sprechen von Genmanipulation und sehen ethische Grenzen überschritten

von MATTHIAS SPITTMANN

US-amerikanische Forscher haben die ersten genetisch veränderten Menschen produziert: Die Gene zweier einjähriger Kinder enthalten Erbinformationen von drei Menschen. Ein Sprecher des Instituts für Reproduktionsmedizin und -forschung St. Barnabas bestätigte am Samstag, dass bei den Babys neben dem Erbgut der Eltern auch noch solches von einer weiteren Frau nachgewiesen wurde, betonte aber, es handle sich nicht um Genmanipulation. Dennoch traf die in vielen Ländern - auch in Deutschland - verbotene Methode international auf Kritik.

Um Frauen zu helfen, deren Eizellen zwar befruchtet werden konnten, aber auseinander fielen, bevor sie sich in der Gebärmutter eingenistet hatten, entwickelten die Wissenschaftler schon vor mehreren Jahren eine neue Methode. Sie injizierten Zytoplasma von Spenderinnen in die Eizellen der unfruchtbaren Frauen. Im Zytoplasma befinden sich auch die Mitochondrien, die „Kraftwerke“ der Zellen, die eigene Erbinformationen besitzen. Nahezu 30 Kinder seien bisher so geboren, berichtet ein Forschungsteam aus St. Barnabas in der Fachzeitschrift Human Reproduction. Das älteste wird demnächst vier Jahre alt.

Jacques Cohen, wissenschaftlicher Direktor der St. Barnabas-Klinik, schrieb in Human Reproduction, dies sei der erste Fall einer Keimbahnmanipulation, die zu gesunden Kindern geführt habe. „Wir haben keine Gene verändert“, berichtete er dem Nachrichtensender CNN, „aber man könnte sagen, dass die Mitochondrien normalerweise nur aus einer Quelle, der Mutter, stammen“. Da das bei seiner Methode anders sei, trügen sie unterschiedliche Erbinformationen. In den „Fragen und Antworten“ für interessierte Kinderlose auf der Homepage der Klinik liest sich das noch anders: Aufwändige Tests würden sicherstellen, dass „Baby Emma“ die Gene ihrer Eltern erbe.

In ihrer Erklärung betonen die Wissenschaftler nun, der Teil der veränderten DNS habe keine bekannte Funktion und trete mit dem restlichen Erbgut nicht in Kontakt. Das jedoch ist umstritten. Die vorherrschende Ansicht, mitochondriale DNS würde nur von der Mutter vererbt, ist bisher nicht bewiesen. Bei einer Pflanze, der Ackerschmalwand, sind einzelne Gene im Laufe der Evolution von den Mitochondrien ins Genom gewandert und umgekehrt.

Cohen betonte auch, der Anteil fremder Erbinformationen betrage nur 0,03 Prozent und habe so keinen Einfluss auf die Persönlichkeit der Kinder.

Forscher sowohl aus Europa, als auch aus den USA kritisierten das Verfahren als unethisch. Verändertes Erbgut werde an die folgenden Generationen weitergegeben, der Manipulation an menschlichen Genen eine Hintertür geöffnet. Das Verfahren stelle die Transparenz bei der Genforschung infrage.

Auch für Ruth Deech, Präsidentin der britischen Human Fertilisation and Embryology Authority, die für die Zulassung von Fruchtbarkeitsbehandlungen zuständig ist, überwiegen die Risiken. Die Methode sei ein nicht abschätzbares Risiko nicht nur für die Kinder selbst, sondern auch für deren Kinder, sagte sie der britischen BBC. Und sie nannte das Problem beim Namen: Viele solcher Vorstöße gingen auf Profitstreben zurück, nicht auf den Wunsch, anderen Menschen zu helfen.