Liberia unter UN-Sanktionen

Ein Diamanten- und Waffenembargo tritt in Kraft, nachdem die UNO sich nicht von einem Ende der liberianischen Unterstützung für Sierra Leones Rebellen überzeugen konnte. In Liberia verschärfen Gegner von Präsident Taylor ihre Angriffe

von DOMINIC JOHNSON

Die Schlinge um den Hals on Liberias Präsident Charles Taylor zieht sich zu. Seit gestern gilt gegen das westafrikanische Land ein Diamanten- und Waffenembargo, was Liberias Regierung dazu bringen soll, ihre vermutete Unterstützung für die Rebellenbewegung RUF (Revolutionäre Vereinigte Front) im Nachbarland Sierra Leone zu beenden.

Eine UN-Untersuchungskommission hatte im Dezember 2000 festgestellt, Sierra Leones RUF-Rebellen – Hauptgegner der dort stationierten UN-Blauhelmtruppe sowie einer britischen Eingreiftruppe – umgingen die gegen sie geltenden Sanktionen durch den Export von Diamanten über Liberia, womit sie pro Jahr zwischen 25 und 125 Millionen Dollar verdienten. Die Kommission empfahl weit reichende Wirtschaftssanktionen gegen Liberia, das seit einem Bürgerkrieg von 1990 vis 1997 ökonomisch verwüstet ist. Doch dies stieß international auf Widerspruch. Es dauerte bis zum 7. März, bis sich die UNO auf ein abgespecktes Sanktionspaket einigte, und Liberias Regierung wurde zwei Monate Zeit gegeben, ihre Unterstützung für die RUF nachweislich zu beenden.

Während dieser Zeit verhängte Liberia ein Moratorium auf den Export von Diamanten und ein Importverbot für Diamanten aus Sierra Leone; außerdem verkündete es die Ausweisung von in Liberia lebenden RUF-Kadern. Ende April kam UN-Generalsekretär Kofi Annan jedoch zu dem Schluss, dass die Wirksamkeit dieser Ankündigungen nicht nachzuweisen sei. Nichtsdestotrotz riet Annan zur Zurückhaltung und gegen „äußeren Druck ohne Dialog“.

In seiner eigenen Logik, die von der Abneigung der USA und Großbritanniens gegen Taylor diktiert wird, konnte der UN-Sicherheitsrat jetzt jedoch kaum hinter seine Beschlüsse vom März zurückfallen. So dreht sich die Kriegsspirale in der Region weiter, in der die Regierungen Sierra Leones und Guineas mit internationaler Unterstützung auf der einen Seite stehen und die isolierte Regierung Liberias auf der anderen. Britische Afrika-Diplomaten denken bereits laut über mögliche Nachfolger Taylors nach dessen Sturz nach.

In Liberia haben sich die Aktivitäten Taylor-feindlicher Rebellen, die im August 2000 aus Guinea einmarschierten und die Stadt Voinjama besetzten, in den letzten Wochen ausgeweitet. Die Kämpfe erstrecken sich bis in die Region um die zentrale Stadt Gbarnga, 60.000 Menschen sind auf der Flucht. Gefangene „Dissidenten“, wie Liberias Regierung die Rebellen nennt, haben ausgesagt, sie würden von den Armeen Guineas und Sierra Leones unterstützt. Einer behauptete sogar, britische Soldaten in Sierra Leone hätten die „Dissidenten“ trainiert. In Reaktion auf den Krieg wendet sich Liberias Regierung gegen nordliberianische Ethnien. Zahlreiche Angehörige des Mandingo-Volkes sind aus Liberia nach Guinea geflohen.

Immer wichtiger werden im Krieg Liberias Konzessionen für Holz aus den Tropen, die nach Oppositionsangaben rücksichtslos kahl geschlagen werden. Der Tropenholzexport finanziert 30 Prozent des liberianischen Staatshaushalts und nahm voriges Jahr um 23 Prozent auf über 61 Millionen Dollar zu. Hauptabnehmer sind Frankreich und China, die auch im UN-Sicherheitsrat durchsetzten, dass Liberias Hölzer nicht unter die UN-Sanktionen fallen. Die Rebellen in Liberia greifen Siedlungen der „United Logging Company“ (ULC) im Nordwesten des Landes an; in den ULC-Lagern wiederum sammeln sich vertriebene Bauern.

portrait SEITE 12