Drogen zwischen Komik und Politik

■ Diese Woche im Zeise: Terry Gilliams Fear And Loathing in Las Vegas

„Was mir Angst macht, ist, dass die Menschen immer jemanden brauchen, der ihnen (bevor sie einen Film sehen) sagt, wie ihre Reaktion auszusehen hat. Vielleicht haben wir ihnen statt dessen gesagt, ,Nein, du musst ins Kino gehen und es selbst erleben.' Das hat sich gelohnt – zu sehen, wie sie damit zu ringen haben, was sie nun sagen sollen. Weil sie nicht einfach behaupten können, es wäre cool. Das ist, was ich liebe, dass Fear & Loathing... nicht cool ist. Dann bemerken sie plötzlich alle, ,Oh, es ist ein Terry Gilliam Film.' Was auch immer das heißen mag. Oder sie sagen, ,Es ist ein Film für Menschen, die Drogen nehmen.' Was nicht stimmt ...“ (Regisseur Terry Gilliam in einem Interview)

Gut dass es uns das Zeise-Kino leichter macht und Fear & Loathing In Las Vegas in der Reihe „Warte bis es dunkel ist“ zeigt. Damit auch die letzten kapieren, wie sie zu reagieren haben, nennt sich das Unterthema in diesem Monat „Horror auf Drogen“. Wie wusste nicht schon Colonel Kurtz in dem etwas anderen Drogenfilm, Apocalypse Now: „Horror und moralischer Terror sind deine Freunde, wenn nicht, sind es Feinde, die zu fürchten sind.“ Darauf eine dicke Sportzigarette, so zur Einstimmung und als Friedenspfeife: Pfff, pfff, pfffffff ... Digger, voll der Horror, Digger, peace, Horror.

Alles Quatsch! Wie der Autor der Vorlage Hunter Stockton Thompson immer ein komischer und politischer Jounalist geblieben ist, so ist auch Gillians Film zunächst ein komischer wie politischer. Und genau zwischen Komik und Politik, (mitten in der Wüste) fangen die Drogen an zu wirken.

Die Romanvorlage mit dem Titel Fear And Loathing in Las Vegas: A Savage Journey to The Heart of The American Dream veröffentlichte der damals 35-jährige Thompson 1972. Kurz zuvor hatte er es im Zuge des kurzlebigen Freak Power-Zuges beinah geschafft, zum Sheriff von Pitkin County in Colorado gewählt zu werden – unter anderem ließ er sich eine Glatze scheren, um den repub-likanischen Kandidaten als seinen „langhaarigen Opponenten“ diskreditieren zu können. Das wirkte. Aber er scheiterte an einem besonders einkommensstarken Bezirk. Aus dieser Enttäuschung heraus und mit einer jüngst „erledigten“ Auftragsarbeit für den Rolling Stone im Hinterkopf machte sich Thompson daran, seine ätzende Abrechnung mit der Gegenkultur der Hippies zu formulieren. Eine Geschichte voller idealistischer Loser, ausgebrannter Drogenwracks und zweier Männer, die mit einem Kofferraum voller Naschwerk zur Bundesversammlung der Drogenpolizei fahren. Das Buch sorgte für einen Skandal, und als Ergebnis erfreut sich Thompson heute noch der besonderen Aufmerksamkeit der Bundesbehörden. Nachdem er Gillians Verfilmung gesehen hatte, schickte er ihm ein Fax, in dem er den Film als einen „eerie trumpet call over a lost battlefield“ bezeichnete.

In einer der beiden Hauptrollen ist, neben Benicio del Toro, Smartass Johnny Depp zu bewundern, dessen Overacting übrigens Ergebnis einer Monate währenden genauen Beschäftigung mit Thompson ist. In Nebenrollen sind Cameron Diaz, Christina Ricci, Ellen Barkin, Gary Busey, Lyle Lovett und Hunter S. Thompson selbst zu entdecken. Lars Brinkmann

So + Mo, 22.30 Uhr, Zeise