berliner szenen
: Misslungene Frauen

Schwanitz

Ein Bekannter erzählte neulich, dass man auf Coaching-Seminaren keineswegs ausschließlich Frauen treffen würde. Im Gegenteil. Männer ab einem gewissen Alter hätten durchaus ein starkes Interesse, ihre inneren Funktionsmechanismen besser kennen zu lernen. Allerdings scheint das auf die Kunden des Dussmann-Kulturkaufhauses nicht zuzutreffen. Zum Leseabend mit dem Titel „Typisch Mann – eine Spezies wird besichtigt“ erschienen überwiegend Frauen. Der Referent war ein bärtiger Anglistikprofessor aus Hamburg, dessen Buch über „Bildung“ seit einem Jahr die Bestsellerlisten anführt. Dietrich Schwanitz las aus seinem neuen Buch über die „Spezies Mann“, in dem er die „Barbarei der Männer“ aufzeigt. Nicht als Anklage, sondern als Erklärung, wie der Autor versicherte. In der modernen Dienstleistungsgesellschaft mit ihren Forderungen nach Liebenswürdigkeit und Einfühlungsvermögen sei Weiblichkeit zum herrschenden Modell avanciert, sagte Schwanitz. Männer würden nur als „misslungene Frauen“ angesehen. Darum scheiterten Beziehungen üblicherweise an Liebe, Kindern und Hausarbeit. Interessant ist auch Schwanitz’ Männertypologie: Er unterscheidet zwischen Jammerlappen, Alkoholikern und Unglücksraben. Die Frauen im Publikum nickten lächelnd. KIRSTEN KÜPPERS