Tauziehen um Koalition

Nach heftigem Ringen sagt die Albanerpartei PPD einer Beteiligung an Regierung der nationalen Einheit in Makedonien zu. Feuerpause bis zum Abend verlängert

SKOPJE taz ■ Am frühen Abend war es so weit: Die Vorsitzenden der politischen Parteien in Makedonien hätten sich auf die Bildung einer „Regierung der nationalen Einheit“ verständigt, teilten sie gestern in Skopje mit. Dabei sein sollte auch die zweite Albanerpartei PPD, die auf direkte Kontakte mit der Rebellenorganisation UÇK gedrungen hatte. Die Regierung der nationalen Einheit soll nach den Wünschen der internationalen Gemeinschaft den Frieden in dem Land wiederherstellen.

Um der PPD die Entscheidung zu erleichtern, hielt die makedonische Armee gestern einen „nicht erklärten“ Waffenstillstand ein. Nur vereinzelt wurde noch geschossen. Premierminister Ljubčo Georgievski wies aber Spekulationen zurück, der Waffenstillstand könnte über Freitagabend hinaus verlängert werden, sollte es wieder zu Kampfhandlungen von Seiten der UÇK kommen.

Azis Poloshani, Mitglied des Parlaments und Vertreter der Partei für den demokratischen Fortschritt (PPD), erklärte gegenüber der taz, die Partei würde es lieber sehen, wenn die UÇK selbst in die Verhandlungen einbezogen würde. Da dies die anderen Parteien aber ablehnten, sehe er keine Möglichkeit, diesen an sich vernünftigen Schritt zu einer friedlichen Lösung zu erzwingen. Die Partei sei keine Sprecherin der UÇK, sie bemühe sich aber, die Interessen der albanischen Bevölkerung authentisch zu vertreten. Auch die UÇK habe diesen Anspruch. Die PPD könne die UÇK aber nicht zu einem Waffenstillstand überreden. Wenn aber die Forderungen der Albaner im Kabinett der nationalen Einheit durchgesetzt würden, könnte er sich vorstellen, dass die UÇK eine solche Entscheidung träfe.

Die Kontakte sind offenbar von anderer Seite aufgenommen worden. Gestern konnte erstmals das Rote Kreuz in die Kampfgebiete um Vakcince fahren. Auch Vertreter anderer internationaler Organisationen waren dort anwesend. Laut Insiderberichten haben US-Diplomaten der makedonischen Seite einen detaillierten Rückzugsplan der UÇK vorgelegt, der mit der UÇK abgestimmt sein könnte. Nach der Vorlage dieses Plans und internationalen Druck wurden offenbar Möglichkeiten für einen längerfristigen Waffenstillstand erörtert.

Die PPD wird sich nach den Worten Poloshanis für eine Amnestie der UÇK-Kämpfer einsetzen, sollte es mit dem Kabinett der nationalen Einheit zu einem akzeptablen Friedensprozess kommen. Dann müsste die slawisch-makedonische Seite jedoch auch in Bezug auf die Veränderung der Verfassung flexibler werden.

Dass grundsätzliche Fortschritte erreicht werden können, bezweifeln viele internationale Beobachter. Noch ist die slawisch-makedonische Seite nicht zu weitgehenden Konzessionen bereit. Ob die UÇK einen Rückzugsplan akzeptiert, ist ebenfalls fraglich. ERICH RATHFELDER

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