Obdachlose Krankenpfleger

■ Immer weniger Krankenhäuser bieten ihren Azubis ein Dach überm Kopf. Jetzt soll auch das Wohnheim im ZKH Ost schließen

Benjamin Schulz, Vertrauensmann der Auszubildenden für Krankenpflege am Zentralkrankenhaus Bremen Ost ist empört. Das Personalwohnheim auf dem Klinikgelände, in dem knapp ein Drittel der Lehrlinge bislang eine güns-tige Unterkunft gefunden hat, soll geschlossen werden. Nach Wunsch der Direktion werden in den 40 Zimmern in Zukunft psychosomatisch erkrankte Patienten unterkommen, auch ein Schlaflabor soll in das Haus Nummer 62 einziehen.

Für den Gewerkschaftsmann Schulz ist die Schließung des Wohnheims ein Unding. Er selbst beendet seine Lehre vermutlich im Herbst , und er weiß, was es heißt, mit dem kargen Salär eines Azubis auszukommen. „Im ersten Jahr hat man 1100 Mark brutto, Wohngeld kriegt man nicht und auch ein Berechtigungsschein, mit dem man andere billige Wohnungen finden könnte, wird nicht ausgestellt.“ Wer dann noch Miete auf dem freien Markt bezahlen muss, hat nicht viel übrig. Ein Platz im Wohnheim kostet um die 200 Mark.

Die Klinikleitung hält den Ball flach. Verständlich, sagt der ärztliche Direktor Hans Haack, dass da der „Angstbazillus“ umgehe. Aber die Klinik platze aus allen Nähten und sie bräuchten nunmal jedes Haus auf dem Gelände für die Patientenbetreuung. „Die Funktion Wohnen kann man auch außerhalb organisieren.“ So verhandele die Klinikleitung mit der Gewoba und wolle Wohnungen anmieten, in denen Auszubildende WGs gründen können. Auch in der Dependance in Sebaldsbrück stünden unter Umständen Räumlichkeiten zur Verfügung, die „aus hygienischen Gründen“ nicht mehr für die Behandlung genutzt werden könnten.

Ohnehin ist das ZKH Ost das letzte große Krankenhaus, das noch Unterkünfte bereithält. Im St.-Jürgen-Krankenhaus, wo immerhin 300 Auszubildende beschäftigt sind, hat man seit vier Jahren kein Wohnheim mehr. „Aus einem einfachen Grund“, sagt der Chef Walter Bremermann, „man hat das früher angeboten, weil man Anreize schaffen musste, damit überhaupt Leute diesen Beruf ergreifen.“ Das sei aber im Moment nicht der Fall. Auf einen Ausbildungsplatz kämen rund 6 Bewerber, bestätigt auch der Krankenpflegedirektor der St.-Jürgen-Klinik Hermann Küker. Auch wenn es Zeiten gab, in denen sich noch mehr Leute um einen solchen Platz bemüht hätten.Aus Bremermanns Sicht lohnt sich ein Wohnheim derzeit betriebswirtschaftlich also nicht. „Die Investitionen und die Unterhaltung kriegt man durch die Mieten nicht wieder rein. Das wäre so etwas wie eine Subventionierung“, sagt er.

Alle längerfristigen Sorgen um die Besetzung der Ausbildungsplätze seien dann „eine Angelegenheit der Politik.“ Denn soviel ist klar. Man rechnet in der Branche mit immer weniger Bewerbern. Im Süden der Republik ist das schon ein ernstes Problem. Im Norden habe man, so die Krankenpflegedirektorin des ZKH Ost Birgit Hilmer, bislang noch Glück. Viele Bewerber kommen aus dem Osten und suchen hier nach Lehrstellen. Aber auch sie sieht Engpässe kommen. „Wir vermuten, dass das Interesse in den nächsten Jahren abflaut“, sagt sie. Und Unterkünfte auf dem Gelände seien ganz klar ein „Personalgewinnungsfaktor“.

Die gewerkschaftliche Interessensvertretung im ZKH Ost lädt ein zu einem Solidaritätsgrillen für die jetzigen Bewohner von Haus 62 am Montag um 20 Uhr am ZKH Ost vor dem Wohnheim (Parkplatz Poggenburg). hey