urteil im fall klump
: Der Staat muss abrüsten

Neun Jahre Haft für einen Anschlag auf eine amerikanische Militäreinrichtung im spanischen Rota – mit dem Urteil gegen Andrea Klump kehrt so etwas wie Augenmaß und Realismus bei der Bekämpfung und Aufarbeitung des linken Terrorismus zurück.

Über Jahre wurde die heute 43-Jährige als Mitglied der Roten Armee Fraktion international gejagt. Auf Fahndungsplakaten wurde sie als eine der Hauptverdächtigen im Mordfall Herrhausen gesucht. Dabei stützte man sich lediglich auf die Aussagen eines psychisch Kranken – und der Vorwurf der RAF-Mitgliedschaft wurde allein deshalb erhoben, weil Andrea Klump untergetaucht und somit vom Radarschirm der Strafverfolger verschwunden war.

Kommentarvon WOLFGANG GAST

Im Gegensatz zu früheren Prozessen hat die Bundesanwaltschaft diesmal darauf verzichtet, ihr wackeliges Anklagekonstrukt bis zuletzt aufrechtzuerhalten. Das war bei Christoph Seidler noch anders. Wie Andrea Klump wurde er beschuldigt, RAF-Mitglied und am Herrhausen-Attentat beteiligt gewesen zu sein. Tatsächlich war aber auch er nicht zur RAF, sondern wie Klump zu einer Gruppe militanter Palästinenser in den Libanon gegangen. Seidler kehrte 1996 nach Deutschland zurück; das Kölner Bundesamt für Verfassungsschutz bestätigte seinen Aufenthalt im Nahen Osten. Dennoch hielt die Bundesanwaltschaft an ihren abstrusen Vorwürfen fest. Zwar blamierte sich die oberste Anklagebehörde damit vor Gericht, aber die Verfahren gegen Seidler wurden erst nach mühsamen Verhandlungen eingestellt.

Seit mehr als 15 Jahren tappen die Strafverfolger trotz immensen Aufwands bei der Aufklärung der letzten RAF-Anschläge im Dunklen. Der hochgezüchtete Apparat lief ins Leere, im Gegenzug wurden die gesetzlichen Bestimmungen zur Verfolgung des Terrorismus stetig verschärft. Der Fall Klump kann sich nun als Trendumkehr erweisen. Und das wäre der beste Anlass, auch die gesetzlichen Fehlentwicklungen zu korrigieren. Nach dem Ende der RAF ist es an der Zeit, dass auch der Staat abrüstet: also Aufhebung aller Sondergesetze, die im Zuge der RAF-Fahndungen verabschiedet wurden. Das gilt für das Kontaktsperregesetz, die Bestimmungen über die Mitgliedschaft in und die Unterstützung von terroristischen Vereinigungen, das gilt für die Sonderhaftbedingungen von RAF-Gefangenen. Nicht zuletzt gehören die Sonderermächtigungen für die Geheimdienste bei der Terrorbekämpfung vom Tisch.

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