RAF um ein Haar überführt

Die Gentechnik hilft den Ermittlern auf die Sprünge: Bundesanwaltschaft und Bundeskriminalamt können dank neuer DNA-Analyse von ausgefallenen Haaren das 1993 gestorbene RAF-Mitglied Wolfgang Grams dem Rohwedder-Mord zuordnen

BERLIN taz ■ Mehr als zehn Jahre nach der Ermordung des Vorstandsvorsitzenden der Treuhandanstalt, Detlev Karsten Rohwedder, will die Bundesanwaltschaft Hinweise auf einen möglichen Täter gefunden haben: das frühere Mitglied der Roten Armee Fraktion, Wolfgang Grams.

Durch die Anwendung neuer wissenschaftlicher Untersuchungsmethoden des Bundeskriminalamts hätten die Ermittlungen „einen entscheidenden neuen Impuls“ erhalten, teilte die oberste Anklagebehörde gestern mit. Nach dem vorliegenden Ergebnis „einer molekulargenetischen Untersuchung kann eine Haarspur zweifelsfrei Wolfgang Grams zugeordnet werden“.

Rohwedder wurde am 1. April 1991 in seinem Haus in Düsseldorf-Oberkassel erschossen. Die Schüsse waren von einem gegenüberliegenden Schrebergartengelände abgegeben worden, wo später ein Frotteehandtuch gefunden wurde. Die daran festgestellten Haare wurden jetzt mit mittels der „Kern-DNA-Analyse an telogenen (ausgefallenen) Haaren“ untersucht.

Das neue Verfahren wurde im Mai 2000 vom Bundeskriminalamt vorgestellt. Es ermöglicht erstmals die Untersuchung von Haaren, die ohne ihre Wurzel aufgefunden werden, also ausgefallen sind. Der Generalbundesanwalt erklärte, der Ermittlungserfolg im Rohwedder-Verfahren nähre die Hoffnung, dass dank der neuartigen DNA-Analyse noch weitere Straftaten aufgeklärt werden könnten.

Gegenwärtig dürften sämtliche Tatortfunde von RAF-Morden noch einmal gründlich untersucht werden. Unter Umständen werden die Ermittlungen gegen Birgit Hogefeld wieder aufgenommen. Bisher wissen die Ermittler wenig über die so genannte dritte Generation der RAF. Ihr werden Mordanschläge seit Mitte der Achtzigerjahre zugerechnet: auf den Chef des Rüstungsunternehmens MTU, Ernst Zimmermann, am 1. 2. 1985, auf den Siemens-Manager Karl-Heinz Beckurts und dessen Fahrer Eckhardt Groppler (9. 7. 1986), auf den Diplomaten im Auswärtigen Amt, Gerold von Braunmühl (10. 10. 1986) und auf den Chef der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen, am 30. November 1989. WOLFGANG GAST

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