Uns geht's doch noch Gold!

■ Zehn Gründe, warum unsereins am Samstag besser im Bett geblieben wäre – nebst einem Trost / Ein Bericht aus dem Weserstadion von Jochen Grabler

Es gibt ja schwere Schicksale in der großen Welt des Fußballs. Nehmen wir nur mal den Bremer Sportkameraden Otmar Willi W. Dessen Schwester hängt dem FC Bayern an. Was an sich schon schlimm genug ist. Verschärft, insbesondere in diesen Wochen, wurde diese familiäre Lage allerdings, weil der Mann der Schwester, also der Schwager von W., seinerseits dem Fußballverein Schalke 04 voll und ganz verschrieben ist. Worum man sich als Angehöriger an sich ja nicht zu kümmern braucht, sollen die doch selber sehen, wie sie mit sowas klarkommen. Wenn es sich nicht gerade so fügen würde, dass besagter Otmar Willi W. seinerseits seit Jahr und Tag dem HSV huldigt. Den Rest kann man sich denken.

Warum diese wahre Geschichte? In einem Bremer Organ? Nun, weil es doch immer wieder tröstlich ist, dass es andere Menschen gibt, die – fußballfanmäßig – ein schweres, ein schwereres Schicksal zu tragen haben. Dagegen, Werder-Fans, geht's uns doch noch Gold! Auch wenn der Samstag für die grün-weiße Seele ein echter Scheiß-Tag war.

Wie sonst sollte wohl die Bilanz eines Tages ausfallen, an dem erstens die Bremer Kicker zwar ein ziemlich gutes Spiel abgeliefert und den höchsten Sieg der Saison eingefahren, zweitens die Freiburger aber nicht gepatzt und drittens die Lauterer (wie ein Kollege aus der Pfalz sagte „eine Arschloch-Mannschaft!“) keine Schützenhilfe geleistet haben, weshalb viertens die UEFA-Cup-Teilnahme für Werder futschfutschfutsch ist, womit wiederum fünftens die Wahrscheinlichkeit, dass Pizarro bleibt, beinahe bei Null angekommen ist, dafür sechstens dieser bescheuerte UI-Cup gespielt wird, weshalb siebtens die Mannschaft dann in der Saison, wenn's drauf ankommt, mördermüde sein wird, achtens – apropos Pizarro – der Peruaner nach einem dämlichen und völlig überflüssigen Ellbogen-Check kurz vor Schluss vom Platz geflogen ist, neuntens dann auch noch die stadionübergreifende Soli-Meisterfeier für die Schalker ein jähes Ende gefunden hat, weil zehntens mal wieder die Bayern ... Ach, wären wir doch im Bett geblieben!

In der Schaafschen Minimalisten-Rhetorik zusammengefasst, heißt das: „Wir müssen, nein, wir DÜRFEN jetzt in den UI-Cup. Dass es zu mehr nicht gereicht hat, das haben wir uns selbst zuzuschreiben“. Recht hat der Mann! Über die Hinserie muss man kaum noch ein Wort verlieren. Na gut, eines: verkorkst! Das internationale Geschäft hat Werder aber in den letzten Wochen verdaddelt. Zuletzt gegen Haching. Ein Auswärtssieg in Köln und eine feine Leistung gegen Rostock waren doch zu wenig.

Ach ja, gespielt wurde auch: Rost hielt glänzend, die Abwehr mit Verlaat, Baumann und vor allem Krstajic stand glänzend, Eilts räumte ab, was abzuräumen war, für den etwas indisponierten Herzog verteilten Frings und Ernst die Bälle, Ailton machte sein Tor, Pizarro zwar ausnahmsweise nicht, aber dafür schaffte er ausreichend Platz für seine Nebenleute. Schon vor Ailtons Führungstreffer hatten sich die Bremer reichlich Großchancen erarbeitet. Neben Krstajic und Baumann hätten noch drei, vier weitere Werderaner treffen müssen. Dagegen die Rostocker: Der Ex-Bremer Brandt mühte sich redlich um Spielkultur, doch richtig gefährlich war allein der eckige Agali. Sein Kollege Majak brachte das Kunststück fertig, freistehend aus drei Metern vor Rost den Ball ins Seitenaus zu semmeln. Der herausragende Rostocker stand im Tor – wo er eine Bremer Chance nach der nächsten entschärfte. Pieckenhagen hielt großartig, aber nicht großartig genug gegen die Bremer, die ihrerseits nicht großartig genug spielten, um den vielleicht großartigsten aller im Land zu halten. Und sowas macht eben einen echten Scheiß-Tag aus.

Wobei man mit dem Sportfreund W. nun wirklich nicht tauschen möchte. Und das ist dann doch wieder ein Trost. Dagegen geht's uns doch noch Gold.