Senat trainiert für Olympia

Berlin will sich offenbar für die Olympischen Spiele im Jahr 2012 bewerben. Senat auf „Stand-by-Haltung“, Diepgen schweigt noch. Opposition fürchtet die hohen Kosten des sportlichen Groß-Events

von DIRK HEMPEL

Der Berliner Senat spielt offenbar mit dem Gedanken einer neuen Olympiabewerbung. Nach dem kläglichen Scheitern der Bemühung um die Spiele im Jahr 2000 geht es jetzt um die Ausrichtung des Sport-Spektakels im Jahr 2012. Sportsenator Klaus Böger (SPD) äußerte am Freitagabend, der Senat verharre in „Stand-by-Haltung“ zu einer möglichen Kandidatur. Die Opposition sieht die neuen Olympia-Ambitionen mit Skepsis.

Eine Bewerbung um die Spiele in elf Jahren sei nicht ausgeschlossen, sagte Böger bei der Berufung von 21 Berliner Sportlern für das deutsche Winter-Olympiateam, das im nächsten Jahr in Salt Lake City antritt. Berlin leide allerdings noch unter dem „traurigen Ansehen“ der Kandidatur für Olympia 2000.

In der Wirtschaft und der Wirtschaftsverwaltung will man offenbar allein aus Imagegründen einen erneuten Versuch wagen: Die Austragung der Spiele wäre „eine Vitaminspritze für die gesamte Region“, sagte Wirtschaftssenator Wolfgang Branoner (CDU). Zuvor hatten sich bereits Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) und der Berliner Landessportbund für eine Bewerbung der Hauptstadt stark gemacht. Nur der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) hält sich bisher auffallend zurück. Er wolle zunächst die Entscheidung über die Vergabe der Olympischen Spiele im Jahr 2008 abwarten, ließ Diepgen erklären. Diese fällt erst am 13. Juli.

Grüne und PDS sind wenig begeistert. Berlin habe sich finanziell derzeit ohnehin übernommen, sagte Freke Over, stadtentwicklungspolitscher Sprecher der PDS, der taz: „Hätten wir letztes Jahr auch noch Olympia bezahlen müssen, sähe der Haushalt noch schlimmer aus.“ Der grüne Fraktionssprecher Matthias Tang erklärte, der Senat versuche „mit Hoffnungen von morgen die Misere von heute zu verdecken“. Böger solle sich um den Zustand von Schulen und Schwimmbädern bemühen statt an Olympia 2012 zu denken.

Bis es so weit ist, wird ohnehin noch einige Zeit vergehen: Anfang November will das Nationale Olympische Komitee (NOK) entscheiden, für welche Spiele man sich stark macht: die Winterspiele im Jahr 2010, die Sommerspiele zwei Jahre später, oder erst für Olympia 2016. Ein Kandidat für 2012 müsste dann bis zum Herbst 2003 benannt werden. Bisher haben bereits Stuttgart, Leipzig, das Ruhrgebiet sowie Frankfurt am Main und Umgebung ihr Interesse für die Ausrichtung der Spiele angemeldet. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) entscheidet 2005 über die Vergabe der Spiele.

Allerdings dürfte Berlin nach Ansicht von NOK-Präsident Walther Tröger den Internationalen Olympia-Funktionären nicht allzu gut in Erinnerung sein. „Meine Kollegen aus dem IOC mögen es eben nicht, wenn sie irgendwo nicht willkommen sind und vielleicht bespuckt werden“, sagte Tröger. Bei der letzten Bewerbung der Hauptstadt hatten linke Olympiagegner protestiert und die Besuche von IOC-Vertretern gestört. Der im Auftrag des Senats aktiven Olympia GmbH wurden nach dem Scheitern der Bewerbung Untreue und die Verschwendung von Steuergeldern vorgeworfen. Erhärten ließen sich diese Beschuldigungen nicht, die Gesellschaft hatte zuvor bereits einen Teil ihrer Akten vernichtet.