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american pieDie Lakers sind erwachsen geworden

Besser siegen als lesen

The church bells all were broken

Kobe Bryant braucht keine Belletristik. „Corellis Mandoline“ von Louis de Bernieres wanderte wieder ungelesen ins Regal. Phil Jackson, Alt-Hippie und Dead-Head, Trainer des NBA-Titelverteidigers Los Angeles Lakers und sechs Mal Meister mit den Chicago Bulls, teilt seinen Spielern regelmäßig Literatur zu. Nur: Sein Shooting Guard, so klagte Jackson kürzlich, weigert sich die Bücher auch zu lesen. Kobe Bryant braucht, so scheint es, nicht nur keine Bücher, sondern auch keinen Coach. Während Jackson im zweiten Spiel der Play-off-Halbfinalserie gegen die San Antonio Spurs wegen Meckerns des Feldes verwiesen wurden, holten die Lakers dank Bryant und ohne ihren Trainer einen 14-Punkte-Rückstand auf, gewannen 88:81, führen nach zwei Auswärtserfolgen mit 2:0 Siegen und könnten kommendes Wochenende mit zwei Heimsiegen die NBA-Finals erreichen.

Seit dem 1. April haben die Lakers nicht mehr verloren, dabei 17 Spiele gewonnen, neun davon in den Play-offs. Sie haben den Spurs, immerhin dem besten Team der regulären Saison, die einzigen Heimniederlagen in den diesjährigen Play-offs zugefügt. Die neu gewonnene Überlegenheit hat vor allem einen Grund: Bryant und Center Shaquille O’Neal vertragen sich wieder. Beide haben nach kindischen Auseinandersetzungen während der Saison nun eingesehen, dass sie ohne den anderen nicht gewinnen können. Nachdem Bryant 45 Punkte im ersten Spiel bei den Spurs erzielte, erklärte ihn O’Neal nur halb scherzend zu „meinem Idol“ und meinte: „Kobe ist der momentan beste Spieler der Liga.“ Einer der Gegner, Spurs-Guard Steve Kerr, fühlte sich gar an einen ehemaligen Teamkollegen erinnert. „Er ist so nah an Michael dran wie niemand sonst“, so Kerr, der mit Jordan dreimal Meister wurde. Schöne Aussichten für die Lakers, bei denen das Duo Bryant/O’Neal zunehmend an selige Zeiten mit Magic Johnson und Kareem Abdul-Jabbar gemahnt, mit denen Los Angeles fünfmal in den 80er-Jahren NBA-Champion wurde. Nun droht eine ähnliche Dominanz. „Wir sind erwachsen geworden“, so Forward Rick Fox. Zudem „haben wir eine Menge über uns als Team gelernt“, glaubt Aufbauspieler Derek Fischer, „wir wissen nun, wozu wir fähig sind“. Dank einer starken Verteidigungsleistung genügte es diesmal, dass Bryant nur 28 Punkte machte. O’Neal gelangen gar nur 19 Zähler, elf unter seinem Play-off-Durchschnitt.

Auf der anderen Seite war es ein frustrierender Abend für Tim Duncan, den Star der Spurs. Der Power Forward erzielte 40 Punkte, holte 15 Rebounds und blockte vier Würfe, aber das reichte nicht zum Sieg. Denn die andere Hälfte der so genannten Twin Towers, Center David Robinson, steuerte nur sieben Punkte bei. Noch problematischer allerdings, dass Robinson früh Foul-Probleme bekam und nur 27 Minuten gegen O’Neal verteidigen konnte. „Der Schlüssel ist“, so Robinson, „dass ich auf dem Platz stehen muss, um Tim zu helfen.“ Immer offensichtlicher wird auch das Fehlen von Derek Anderson, der sich im Viertelfinale gegen Dallas die Schulter ausgekugelt hatte. Die Spurs hoffen nun, dass ihr Shooting Guard am Freitag beim nächsten Spiel wieder dabei sein kann, um Bryant zu bewachen, weil er, was Größe und Schnelligkeit angeht, dazu noch am ehesten in der Lage sein müsste.

Aber vielleicht sollten die Spurs auch mal wieder was lesen. Zum Beispiel alte Statistiken. Denn auch mit Anderson im Team machte Bryant gegen San Antonio im Schnitt 37 Punkte pro Spiel. Es sieht also ganz danach aus, als hätten die Spurs demnächst Zeit zum Schmökern. Vielleicht sollte Phil Jackson lieber mal die Gegner beschenken. THOMAS WINKLER

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