We Are Slamily

Slammen heißt ursprünglich „schlagen, knallen“, und so steht Poetry Slam für einen knappen literarischen Text. Das können sich reimende Gedichte oder kurze Geschichten sein, das sind lyrische Wortspiele und Rappoesie. Ihren Ursprung hat diese Bewegung der Spoken-word-Kultur in den USA, genauer im „Green Mill Jazz Club“ in Chicago. Marc Smith, der dort 1986 den ersten Poetry Slam der Welt initiiert hatte, gilt als der „Slampapa“. Er war Bauarbeiter und wurde zum Slampoeten. Er liebte Literatur, wollte aber weg von den Lesungen im Sitzen am Tisch in den heiligen Hallen des Literaturbetriebs.

Wichtig beim Poetry Slam ist der Bühnenauftritt. Meist werden die Texte auswendig vorgetragen, dann kann die Gestik professionalisiert den Inhalt unterstreichen. Ein Poetry Slam läuft meist so ab, dass sich die auftrittsmutigen Poeten am Eingang melden. Das Los entscheidet über die Reihenfolge; eine Vorauswahl oder gar Zensur findet nicht statt. Vorgegeben wird ein Zeitrahmen zwischen drei und zehn Minuten. Den gilt es zu füllen – vor dem Mikrofon, ohne Requisiten, mit selbst verfassten Texten. Das Publikum entscheidet mittels Applaus, welcher Slammer in die nächste Runde kommt. Oder eine Publikumsjury vergibt Punkte.

Die Slamily, wie sich die Szene familienartig versteht, ist eng verknüpft. Man fährt gern mal zu ortsfremden Poetry Slams, da lockt der Reiz des neuen Publikums und das Messen mit anderen Poetristen. Statt Verlage mit Manuskripten zu bombadieren, versuchen sie sich über Bühnenauftritte einen Namen zu machen.

Seit drei Jahren gibt es auch eine Art deutsche Meisterschaft, den National Poetry Slam. Hier treffen sich die Gewinner der Vorausscheidungen aus den einzelnen Städten. Ko Bylanzky, einer der Initiatoren des Münchner Poetry Slams und Mitherausgeber einer Slamanthologie, sieht in Deutschland noch Nachholbedarf: „Man versucht die Slammer oft in die Kabarett- oder Comedyecke zu drängen, anstatt sie der Literatur zuzurechnen.“ Für ihn ist Poetry Slam eine Chance, dass Literatur vor allem bei jüngeren Menschen wieder einen neuen Stellenwert bekommt. ANK

Literatur: Ko Bylanzky/Rayl Patzak (Hrsg.): „Poetry Slam. Was die Mikrofone halten“, Ariel-Verlag, Riedstadt 2000. 170 Seiten, 29,90 Mark. Andreas Neumeister/Marcel Hartges (Hrsg.): „Poetry! Slam! Texte der Pop-Fraktion“, Rowohlt, Reinbek 1996, 279 Seiten, 19,90 Mark