Die Kunst des Platzwartens

Die wirklich wichtigen Dinge des Lebens: Anlässlich des Fußball-Pokalfinales zwischen Schalke 04 und Union Berlin zeigt das Kaffee Burger zwei Fußballdokumentarfilme

Auf dem Papier sieht das DFB-Pokalfinale eher langweilig aus: Schalke 04 gegen Union Berlin. Die beste Mannschaft der grad’ abgelaufenen Bundesligasaison gegen den Drittligisten, der lange Jahre als unaufsteigbar galt, auf dem Weg ins Finale völlig verdient fünf Profimannschaften niedermachte und im nächsten Jahr nun doch endlich in der Zweiten Liga spielt. Eine klare Sache also, obgleich die Schocks, die die Schalker letzte und vorletzte Woche erlitten . . .

Beide Vereine haben jedenfalls eine schöne Arbeitervereinstradition und äußerst engagierte Fans. Die Kampfstärke der Unioner ist legendär und vermutlich wird es ein prima Spiel. Man hofft, dass der Schalker Fan, der letzte Woche auf dem Gelsenkirchener Hauptbahnhof erzählte, dass sich die Fans von Hertha, Magdeburg und Union „zusammengerottet“ hätten, um die Schalker Fans „zusammenzutreten“, Unrecht hatte, zumal eine Koalition zwischen Hertha- und Unionfans pervers wirkt; das wäre ja so, als würde die taz mit Bild fusionieren. Außerdem gibt es Fanschals, auf denen beide Mannschaften drauf sind.

Eine gute Alternative für alle, die sich das alles nicht im Stadion antun wollen, ist am Samstag das Kaffee Burger, das sich nach zwei Tagen der Dinosaurierverehrung (Dylan) nun doch wieder den wichtigen Dingen des Lebens widmet und das Pokalfinale überträgt. Als Rahmenprogramm gibt es Fußballdokumentarfilme. In dem einen geht es um die Fans von Schalke. Der zweite beschäftigt sich mit dem kleinen polnischen Club Ruch Radzionkov. Der polnische Dokumentarfilmer Kornel Miglus hat ein atmosphärisch sehr schönes Porträt des Vereins geschaffen, der gut zu Schalke und Union passt. Ruch Radzionkov kommt aus einer nach dem Zusammenbruch der polnischen Steinkohleindustrie arg verarmten Bergbaugegend. Während immer mehr Bergarbeiter entlassen werden, erlebt der sympathische Verein einen Aufschwung. In kurzer Zeit steigt man von der Dritten bis in die Erste Liga auf.

„Saturday Afternoon Fever“ ist ein melancholischer Film. Es geht um ein Pärchen, das endlich von zu Hause ausziehen möchte und später im Stadion heiratet. Es geht um Kinder, die unter dramatisch sich zusammenballenden Wolken Fußball spielen; ein sehr sympathischer Bäcker backt für seine Mannschaft umsonst Kuchen. Und es geht um die hohe Kunst des Platzwartens. In der Schilderung der kleinen Tricks, mit denen Platzwarte gerade Linien ziehen, zeigt sich die große Kunst des Dokumentaristen. Irgendwann sagt jemand: „Der Club war der Zukunftstraum von uns allen.“ Irgendwann sagt auch jemand: „Man kann das Leben verpassen, wie man ein Fußballspiel verpassen kann.“

DETLEF KUHLBRODT

Am Samstag ab 18 Uhr, Kaffee Burger, Torstraße 60, Mitte