Bund ist sauer auf Berlin

Bundespolitiker fordern baldige Neuwahlen des Berliner Abgeordnetenhauses. Außerdem sollen die Schuldigen der Finanzkrise zur Verantwortung gezogen werden. So lange gibt es kein Geld vom Bund

von DIRK HEMPEL

Berlins Koalition beschäftigt die Bundespolitik. Führende Politiker der Grünen und der FDP verlangen Neuwahlen. Insbesondere der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) ist in Folge der Haushaltskrise danach nicht mehr tragbar. Deswegen soll auch kein Geld aus dem Bundeshaushalt fließen.

Die grüne Parteivorsitzende Claudia Roth forderte im Spiegel Neuwahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus. Die Bevölkerung müsse die Gelegenheit bekommen, sich zur Situation zu äußern. Auch nach Willen von FDP-Bundesschatzmeister Günter Rexrodt sollen im September die Wähler über die Zukunft des Senats entscheiden. „Die Vorgänge um die Bankgesellschaft können nicht ohne politische Konsequenzen bleiben“, sagte Rexrodt. Der SPD-Generalsekretär Franz Müntefering lehnte einen solchen Schritt allerdings ab. Dies würde das Problem nicht lösen, so der SPD-Mann, Berlin müsse wieder zu einer „soliden Finanzpolitik“ zurückkehren.

Die Bundestagsabgeordnete Franziska Eichstädt-Bohlig (Grüne) will vorher allerdings die Frage nach Verantwortung und Schuld geklärt wissen. Die Berliner Politik sei offenbar gekennzeichnet von „größtenteils unseriösen Machenschaften und Freunschaftsgeschäften“, so die Politikerin zur taz. Diepgen und Finanzsenator Peter Kurth (CDU) hätten dies in erster Linie zu vertreten. Zugleich mache sich aber die SPD mitschuldig, wenn sie die Politik des Senats weiter mittrage. Verbraucherministerin Renate Künast (Grüne) sagte, der Regierende Bürgermeister Diepgen sei direkt für das Debakel des Landes Berlin verantwortlich.

Eichstädt-Bohlig, für die Grünen im Haushaltsausschuss des Bundestages, kündigte an, dass der Bund die Berliner nicht mit Geldmitteln unterstützen wird: „Man gibt ungern jemand eine Milliarde, damit der sie auf die Spielbank trägt.“ Die Politik des Senats beinhalte keinen Ansatz für eine verantwortungsvolle Finanzpolitik. „Hauptanliegen scheint die Rettung der Bankgesellschaft zu sein – und nicht etwa die Rettung des Landes Berlin“, sagte Eichstädt-Bohlig.

Auch Finanzminister Hans Eichel will die Hauptstadt nicht unterstützen. Seine Sprecherin Maria Heider erklärte, man beobachte die Entwicklung „mit interessierter Besorgnis“. Es sei „weder der Zeitpunkt noch die Notwendigkeit, über Bundeshilfen zu sprechen“.

In seiner heute beginnenden Sitzungswoche wird die Berliner Finanzmisere auch den Bundestag beschäftigen. Die Grünen wollen sich dabei auf jeden Fall gegen die Bewilligung weiterer Finanzmittel für die Stadt aussprechen. Es gebe keine Ansätze für eine Schadensbegrenzung oder für eine Haftbarmachung der verantwortlichen Bankchefs – wie etwa den stellvertretenden CDU-Vorsitzenden Klaus-Rüdiger Landowsky oder den Konzernchef Wolfgang Rupf, so Eichstädt-Bohlig.

Will Berlin angesichts der Finanzkrise die Hilfe des Bundes beanspruchen, bliebe bei einer ablehnenden Haltung des Haushaltsausschusses im Zweifelsfall nur der Gang vor das Bundesverfassungsgericht. Dieses kann den Bund bei Feststellung einer „extremen Haushaltsnotlage“ zu Finanzhilfen verpflichten.