„Mafia-Methoden“

■ Massenklage gegen Wedeler Firma wegen vorgetäuschter Betriebsschließung

Mit einer Massenklage vor dem Elmshorner Arbeitsgericht wollen rund 60 Beschäftigte der Wedeler Firma Scangraphic gegen finanzielle Nachteile vorgehen, die ihnen wegen einer vorgegaukelten Betriebsschließung entstehen. „Bruch von Tarifvertrag und Gesetz, das grenzt an Betrug“, schimpft Uwe Zabel, Chef der IG Metall Unterelbe.

Im Dezember hatte die Konzernleitung der Scangraphic PrePress Technology über ihren Wedeler Geschäftsführer Rudolf Meißner überraschend erklären lassen, die Dependance zu schließen und die Produktion nach Seligenstadt/Rodgau zu verlagern. Trotz heftiger Kritik ließen sich IG Metall und Betriebsrat aufgrund der „unabänderbaren unternehmerischen Entscheidung“ auf den Abschluss eines Interessenausgleiches ein, in dem die Stillegung des Betriebes und die Übernahme der Belegschaft zum 1. April in eine Qualifizierungsgesellschaft besiegelt wurde. Pikant: Scangraphic wurde von der Rechtsanwalts-Sozietät Stefan Schneider und Ole von Beust vertreten. Von Beust ist Hamburgs CDU-Bürgermeisterkandidat.

Durch Kurzarbeitergeld vom Arbeitsamt und einen finanziellen Bonus durch das Unternehmen sollten die MitarbeiterInnen zwei Jahre auf dem Niveau von 80 Prozent ihres Gehalts sozial abgefedert und gleichzeitig auf neue Jobs vorbereitet werden.

Recherchen einer Wirtschaftsdetektei im Auftrag der Gewerkschaft belegen nun: Scangraphic produziert in den Räumen weiter und wickelt unter derselben Telefonnummer munter ihre Geschäfte ab. Nur das Firmenschild am Eckhaus wurde versetzt, so dass die Anschrift nicht mehr Rissener Landstraße lautet, sondern sich nun in der Wedeler Hafenstraße befindet. Und auch einige frühere Mitarbeiter wurden wieder eingestellt, aber nur Nicht-Gewerkschaftsmitglieder. Eine soziale Auswahl fand nicht statt.

„Aufgrund des Verhaltens wird offensichtlich, dass eine Stilllegung weder erfolgt noch geplant war“, rügt die Arbeitsrechtlerin Birgit Schlichting. „Wir verlangen Schadensersatz für die Betroffenen und die Weiterbeschäftigung in dem weitergeführten Betrieb.“ Zabel zur Rechtsberatung von Scangraphic: „Das sind Mafia-Methoden.“ Magda Schneider