piwik no script img

Totalverweigerer nicht vorbestraft

Staatsanwaltschaft zieht Berufung gegen Kriegs- und Zivildienstverweigerer zurück. Kein Eintrag ins Führungszeugnis

Die totalen Kriegsdienstverweigerer kommen in Berlin mit immer geringeren Strafen davon. Die Staatsanwaltschaft hat gestern überraschend ihre Berufung gegen ein Urteil zurückgezogen, das im Januar gegen den Wehr- und Zivildienstverweigerer Sascha W. ergangen war. Das teilte die Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) mit. Damit bleibe das Urteil, eine Geldstrafe in Höhe von 90 Tagessätzen à 20 Mark bestehen, Sascha W. sei damit nicht vorbestraft, so DFG-VK-Sprecher Frank Brendle. Damit setze sich der Trend fort, bei Urteilen gegen Kriegs- und Zivildienstverweiger unter einer Strafe zu bleiben, die nicht zu einem Eintrag ins Führungszeugnis führe. Die mögliche Höchststrafe für Dienstflucht beträgt fünf Jahre. „Die Staatsanwaltschaft muss endlich akzeptieren, dass Totalverweigerer keine Kriminellen sind“, betonte Brendle. Die Wehrpflicht habe ausgedient – es sei an der Zeit, die Entscheidung junger Männer anzuerkennen, die sich „nicht fürs Töten oder die Beihilfe dazu missbrauchen lassen“. Schließlich seien Zivis im Kriegsfall auch für militärisch relevante Tätigkeiten vorgesehen, etwa bei der Truppenversorgung oder im Sanitätswesen.

Die Wehrpflicht sei ein Relikt vergangener Zeiten, betonte gestern auch der Sprecher der Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär, Michael Behrendt. Dies zeigten aktuelle Zahlen des Verteidigungsministeriums, nach denen 600.000 junge Männer gar nicht mehr eingezogen werden könnten. „Nicht Verstöße gegen die Wehrpflicht sind kriminell – die Wehrpflicht ist es.“ ROT

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen