Bahn rangiert Mitarbeiter aus

Mit Vermittlungs- und Transfergesellschaften will die Bahn AG betriebsbedingte Kündigungen umgehen und trotzdem zehntausende Arbeitsplätze aus dem Konzern los werden. Eisenbahnergewerkschaft Transnet spielt wohl oder übel mit

von MARIUS ZIPPE

Für die Eisenbahner der Bahn AG bleiben die Zeiten unsicher. Einem großen Teil von ihnen droht die Fahrt auf den beschäftigungspolitischen Verschiebebahnhof. Die Bahn will über Vermittlungs- und Transfergesellschaften voraussichtlich tausende von Arbeitsplätzen auslagern und unter Umständen abbauen.

Dazu hat jetzt auch der Betriebsrat des Konzerns seine Zustimmung gegeben. Da betriebsbedingte Kündigungen im Konzern bis 2004 ausgeschlossen sind, Bahnchef Hartmut Mehdorn die Personalkosten aber senken will, sollen die Beschäftigten an Auffanggesellschaften abgegeben werden.

Nach Angaben der Stuttgarter Nachrichten betrifft dies bis zu 45.000 Mitarbeiter. Das sind etwa zwanzig Prozent der Belegschaft. Dem Bericht zufolge werden etwa 30.000 Mitarbeiter von der eigens dafür gegründete DB-Vermittlung übernommen. Weitere 15.000 Bahner würden in so genannten Transfergesellschaften weiterbeschäftigt.

Bahnsprecher Uwe Herz wollte diese Zahlen nicht bestätigen. Er wies aber darauf hin, dass die Bahn zur Verwirklichung der Bahnreform bis 2005 noch 3,3 Milliarden Mark an Personalkosten einsparen müsse. Welche Bereiche der Bahn vor allem von dem Stellenabbau betroffen seien, wollte Herz ebenfalls nicht sagen. Durch moderne Fahrzeuge und neue Technik seien aber besonders in der Instandhaltung und bei den Stellwerken Arbeitsplätze überflüssig.

Anfang Juli wird die Berliner DB-Vermittlung GmbH, eine hundertprozentige Tochter der Bahn, die Arbeit an der Auslagerung der Mitarbeiter aufnehmen. Wie ihre Vorgängerin, die DB-Arbeit, soll die neue Gesellschaft nicht kündbare Beschäftigte auf einer neuen Arbeitsstelle in Lohn und Brot bringen. Unkündbar sind bei der Bahn vor allem Beamte und Angestellte, die über 55 Jahre alt sind oder mehr als 15 Jahre im Konzern arbeiten.

Angestellte erhalten, wenn sie auf eine Stelle vorübergehend oder dauerhaft vermittelt werden, den gleichen Lohn wie zuvor. Ansonsten sollen sie nach Angaben der Gewerkschaft für 32 Wochenstunden bezahlt werden.

Wer keinen individuellen Kündigungsschutz über Berufsjahre oder Verbeamtung genießt, soll in konzernfremden Transfergesellschaften unterkommen. In diesen Fällen übernimmt die Bundesanstalt für Arbeit bis zu 67 Prozent des letzten Nettolohnes. Die Bahn stockt auf 85 Prozent auf.

Bei der Gewerkschaft Transnet, die mit der Bahn über ein Jahr über die Zukunft der Bahner verhandelte, sieht man die Vereinbarung mit gemischten Gefühlen. Gewerkschaftssprecher Hubert Kummer zeigte sich über den Stellenabbau „wenig erfreut“. Dennoch verteidigte er den Abschluss als „sozialverträglich“. Die Zahlen der Stuttgarter Nachrichten wollte auch der Gewerkschaftssprecher nicht bestätigen. Diese seien aber wahrscheinlich zu hoch. „Gerade jetzt, wo die Bahn wieder mehr Umsatz macht und größere Leistungen erbringt, werden auch wieder mehr Mitarbeiter gebraucht“, hofft er.

Seit der Bahnreform 1994 sind im Konzern bereits mehr als 120.000 Stellen abgebaut worden. Ende 2000 waren noch 222.000 Menschen bei der Bahn AG beschäftigt, 19.000 weniger als 1999. Um konkurrenzfähig mit den privaten Wettbewerbern zu bleiben, hatten sich Gewerkschaften und Bahn im März auch auf flexiblere Branchentarifverträge geeinigt. Die Vorgängerin der DB-Vermittlung, die DB-Arbeit, konnte immerhin vierzig Prozent der übernommenen Angestellten in neue Arbeitsverhältnisse vermitteln.