Clements Importeur

Der Forscher, der aus Israel Stammzellen einführen will, hat schon einen Vertrag in der Tasche – für Zellen aus USA

BERLIN taz ■ Vergebens warnte gestern der SPD-Landeschef in NRW, Franz Müntefering, seinen Ministerpräsidenten vor voreiligen Entscheidungen. Möglichst „rasch“, so Wolfgang Clement am selben Tag, müsse ein Kooperationsvertrag zwischen der Uni Bonn und dem Institut in Haifa über den umstrittenen Import von embryonalen Stammzelllinien zustande kommen. Der Grund: Die israelischen Forscher gehören zu den weltweit drei Einrichtungen, die derzeit überhaupt in der Lage sind, embryonale Stammzelllinien zu liefern. Und das Institut schein bereit zu sein, die Zelllinien mit weitaus weniger strengen Lieferbedingungen zu Verfügung zu stellen, als die Lieferanten in Australien oder den USA.

Der Bonner Neuropathologe Oliver Brüstle hat zwar schon seit einiger Zeit einen ausgearbeiteten Vertrag über den Bezug von embryonalen Stammzellen in der Tasche. Doch der bisher noch nicht unterschriebene Vertrag stammt von einem Institut im US-Bundesstaat Wisconsin. Wiederholt hatte Brüstle in der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass die Lieferbedingungen des Instituts seine Forschungen enorm einschränken würden. So würden alle kommerziellen Anwendungen, die bei der Forschung anfielen, dem Institut in Wisconsiner gehören. Die US-Forscher haben sich die Verwertungsrechte an den Stammzellen durch Patente gesichert. Das israelische Institut scheint dagegen freizügiger mit seinen Zellen umzugehen. Das Institut in Haifa sei „völlig unabhängig“, betonte daher auch Clement, der gestern darauf verwies, dass eine Kooperation mit dem Institut in Haifa nur zustande kommt, wenn auch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) den Import genehmige.

Auch die Ethikkommission der Universität Bonn verweist auf die DFG. Sie hält Brüstles Vorhaben für „ethisch vertretbar“. Einige Bedingungen müssen jedoch erfüllt sein: Ein positives Votum der DFG muss vorliegen. Die Zelllinien müssen aus so genannten „überzähligen“ Embryonen gewonnen worden sein. Und es dürfen nur Stammzelllinien importiert werden, die bereits „etabliert“ sind. Das heißt, die Bonner Wissenschaftler dürfen weder die Gewinnung der Zelllinien in Auftrag geben noch dürfen sie in den Herstellungsprozess involviert sein. Andernfalls würden die Wissenschaftler sich der Beihilfe oder Anstiftung einer strafbaren Handlung schuldig machen. Das Strafgesetzbuch greift auch, wenn die verbrauchende Embryonenforschung im Ausland geschieht. Anfang Juli will die DFG über Brüstles Antrag entscheiden – mit einer Verschiebung ist zu rechnen. Zuerst möchte des Kanzlers neuer Ethikrat beraten.

WOLFGANG LÖHR