Die Stimmung ist mieser als die Situation

Institut der Wirtschaft stellt Konjunkturumfrage für Ostdeutschland vor. Rezession am Bau verdirbt die Laune

BERLIN taz ■ Wann immer Konjunkturforscher derzeit Erkenntnisse vorstellen, fällt das Wörtchen „korrigieren“ – und zwar nach unten. Gestern nahm sich das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) dieses Wörtchens an, als es in Berlin seine alljährliche Frühjahrsumfrage zum Geschäftklima in Ostdeutschland vorstellte. Ergebnis: Nach den fantastischen Aussichten vom Herbst – 3 Prozent mehr Wachstum für 2001 – sind es nun nur noch unter zwei Prozent.

„Die Korrektur bewegt sich in ähnlicher Größenordnung wie für Westdeutschland“, erklärte Institutschef Rolf Kroker. Genauer betrachtet, sei die Konjunkturentwicklung gespalten. „Während Dienstleistungs- und Verarbeitendes Gewerbe ihre Lage weiterhin als robust beurteilten, herrsche in der Baubranche Rezession.“ Soll heißen: Wenn es dem Bau nicht so gnadenlos miserabel ginge, könnte man fast zufrieden sein.

So zeigt der Produktionsindex des Verarbeitenden Gewerbes mit 12 Prozent „eine Dynamik, die doppelt so hoch ist wie im Westen“, sagte Kroker. Dem Bau nutzt jedoch kein Schönreden. Während dort die Produktion in diesem Jahr um 20 Prozent zurückgehen wird, sind es im Westen vergleichsweise geringe zehn Prozent.

Gefallen dürfte das Kölner Gutachten ausnahmsweise den Berlinern: 75 Prozent aller hauptstädtischen Unternehmen bewerten ihre Aussichten für dieses Jahr gut – ein absoluter Spitzenwert. An zweiter Stelle liegt Sachsen mit 44 Prozent.

430 ostdeutsche Firmen hatte das IW gefragt, vier Fünftel davon Mittelständler. Quintessenz: Der Osten hinkt dem Westen weiter hinterher, mäkelt dabei aber nur bescheiden. Allerdings räumte Konjunktur-Experte Jörg Beyfuß ein, dass – wäre die Umfrage nicht Anfang April, sondern erst jetzt durchgeführt worden – das Ergebnis „sicherlich schlechter ausgefallen wäre“. Beyfuß bilanzierte, dass sich „in den letzten Wochen die Stimmung der Wirtschaft stärker verschlechtert hat als die Lage“.

Was also tun? Als „Schlüsselstelle“ bezeichnete Kroker die Lohnstückkosten. Die nämlich lägen um 12 Prozent über dem Westniveau, was Standortvorteile wie „billigere Löhne“ mehr als egalisiere. Und der Staat? Kroker nannte Stichworte wie Infrastrukturlücke oder Steuerreform. Den Solidarpakt II will er aber zugunsten einer gesamtdeutschen Regionalförderung abschaffen: „15 Jahre nach der Einheit kann diese Sonderförderung niemand mehr rechtfertigen.“ NICK REIMER