Unfunky Herzschlag

■ Poliertes Wohlfühltheater: Die dänische Performancegruppe „Bidt“ auf Kampnagel

In einem New Yorker Vorort wohnt ein selbsternannter Arzt der Armen. Während einer Schießerei am Heiligabend trifft er auf einen ausgebildeten Doktor von der West Side, und beide behandeln gemeinsam einen Verletzten. Der ungelernte Arzt fühlt den Puls des Angeschossenen und nennt ihn „funky“, was in seiner Sprache „unregelmäßig“ heißt. Funky ist der Weg in die Hölle, dramatisch der Abstieg.

Völlig unfunky ist der Aufstieg zur Glückseligkeit, den die dänische Tanzperformancegruppe Bidt praktiziert, die jetzt beim Junge Hunde-Festival auf Kampnagel gastierte. Bidt in space heißt das Stück, in dem drei sprechende Tänzer von einem Planeten erzählen, auf dem zuerst alle unglücklich und recht blöd sind. Im Verlauf des Abends werden die Darsteller aber immer schlauer und begegnen Gott, der vor lauter Interviews seinen eigenen Namen vergessen hat.

Mutig ist im Grunde die Idee, alle synchronen Choreographien ohne Musik stattfinden zu lassen. Ein einziges Mal ertönt ein „Air“-Song und treibt die Tänzer durch wandernde Lichtkorridore. An-sonsten erinnert der Abend eher an ein Motivationsseminar für Möchtegernmanager. Im Erzählstil des Kleinen Prinzen von Antoine de Saint-Exupéry ballern Bidt mit Ironie um sich. Aber Ironie ist in diesem Fall nichts anderes als ekleti-zistische Besserwisserei. Es gibt Nackedeitanz mit Umarmungs-Mitmachspielen. Es gibt lustige Frisuren und teure Lüster. Kurz: Bidt in space zeigt den unaufhaltsamen Aufstieg zum Glück. Leider ist diese geradlinige Genesung im Verlauf des Stückes so unfunky wie ein regelmäßiger Herzschlag, wie Blumensträuße und Glückwunschkarten am Krankenbett.

Bidt lassen in ihrer Performance ein nachdrücklich gefordertes Wohlfühltheater entstehen, das versucht, durch Übertreibung dem eigenen Oberflächenglanz Schaden zuzufügen, dem es aber nur gelingt die polierten Szenen noch gepflegter zurückzulassen. Nikola Duric