Pfand reizt Schmuggler

Das auf wenige Länder begrenzte Rücknahmesystem für Einmalverpackungen regt die kriminelle Fantasie an. Der Missbrauch ließe sich nur mit einem europaweiten Dosenpfand verhindern

aus Stockholm REINHARD WOLFF

„Schwere Warenschmuggelei“ wird einem 43-Jährigen vorgeworfen, der sich derzeit vor dem Landgericht in Malmö verantworten muss. Der Mann hatte offenbar ein blühendes Schmuggelgeschäft mit Polen aufgezogen. Interessant ist, womit er die Millionen verdiente: Ganze Lastwagenladungen Coca-Cola soll er über die Ostsee gebracht haben. Fast zwei Millionen Liter konnten ihm Zoll und Polizei nachweisen. Vermutlich waren es noch viel mehr Dosen und PET-Flaschen. Denn diese sorgten erst für den ganz großen Reibach. Hintergrund ist, dass es in Polen noch kein Pfandsystem für Dosen gibt. Aber die dort produzierten Verpackungen werden widerstandslos von den Rücknahmeautomaten in den schwedischen Supermärkten geschluckt und mit klingender Münze belohnt.

2,7 Millionen Kronen (mehr als 600.000 Mark) wurden allein nach der jetzt verhandelten Schmuggelaktion ausgezahlt, ohne dass das Rücknahmeunternehmen Svenska Returpack vorab irgendwelche Abgaben für die Verpackungen kassiert hätte.

Die Schwarzeinfuhr von in Polen abgefüllten Softdrinks macht den Schweden in letzter Zeit Kopfzerbrechen. Die Ware selbst wird an Gaststätten und Kioske abgesetzt. Polnische Coca-Cola ist im Prinzip nicht anders als schwedische, kostet aber weniger als ein Drittel. Ein Zusatzverdienst ergibt sich, weil der Fiskus um Zoll und Mehrwertsteuer geprellt wird.

Doch das Hauptgeschäft bringt tatsächlich die Verpackung. Auf umgerechnet mehrere Millionen Mark jährlich schätzt Svenska Returpack das Verlustgeschäft aus privater Klein- und organisierter Dosen- und PET-Pfänderei von so genannten Fremdverpackungen. Eine Form von Warenschmuggel, die das ganze System gefährdet. Und die eigentlich nur durch die Einführung eines europaweiten Zwangspfands mit auch noch in etwa gleich hohen Abgaben zu stoppen wäre.

Für das Geschäft mit den schwedischen Pfandautomaten könnte sich den Profischmugglern ab kommendem Jahr eine Alternative anbieten, die nicht nur wegen des kürzeren Transportwegs und größeren Absatzmarkts noch wesentlich attraktiver ist: Deutschland liegt näher, und das hier nach schwedischem Vorbild geplante Pfandsystem würde außerdem pro Dose fünfmal mehr einbringen als der jetzige Schweden-Groschen. Bei PET-Flaschen wäre der Verdienst immerhin noch doppelt so groß.