Brüste sollen sicherer werden

Die Regierungsfraktionen wollen den Kassen Beine machen: Mammografie als Brustkrebsvorsorge soll flächendeckend eingeführt werden

BERLIN taz ■ Fragen Sie ihren Röntgenarzt auch immer, wenn eine Untersuchung ansteht, wie alt seine Geräte sind? Und wie viele Aufnahmen er im Durchschnitt macht? Und ob er zertifiziert ist? Nicht? Sollten Sie aber, zumindest wenn Sie eine Frau sind und eine Mammografie erstellen lassen wollen, ein Röntgenbild, mit dem Tumoren in der Brust festgestellt werden können.

In Deutschland werden über 100.000 Frauen jährlich an der Brust operiert, die gar keinen Brustkrebs haben. Umgekehrt werden viele bösartige Tumoren nicht früh genug erkannt – und Brustkrebs ist die häufigste bösartige Tumorart bei Frauen. Viele Fehldiagnosen gehen auf schlechte Mammografien zurück – sei es, dass die Ärzte zu wenig Erfahrung haben, sei es, dass die Aufnahmen so ungenau sind, dass Tumoren nicht von anderen Gewebeveränderungen unterschieden werden können.

Der Bundestag soll nun Druck machen. Nächste Woche werden die Fraktionen von SPD und Grünen einen Antrag beschließen, der die Bundesregierung auffordert, eine bundesweites „Mammografie-Screening“ einzuführen. Die Röntgenuntersuchung der Brust gehört in Deutschland bisher nicht zu den kassenfinanzierten Krebsvorsorge-Leistungen. Dennoch werden mehr als vier Millionen Mammografien jährlich gemacht – allerdings unter zweifelhaften Qualitätsmaßstäben. Die Fraktionen fordern nun die flächendeckende Untersuchung aller Frauen im Alter von 50 bis 70. In dieser Altersgruppe schnellt das Brustkrebsrisiko in die Höhe. Mit modernsten Geräten in spezialisierten Zentren erstellte Aufnahmen werden dann von mehreren Experten ausgewertet, um Fehlinterpretationen zu verringern.

In Deutschland gibt es bisher nur einige Modellversuche mit einem solchen Screening, andere Länder sind weiter: Kanada und Teile der USA, aber auch die skandinavischen Länder, Großbritannien und die Niederlande betreiben bereits Screening. Mehrere EU-Länder ziehen nach, seitdem es europaweit strenge Richtlinien für die Qualität der Brustkrebsvorsorge gibt. Deren hohen Qualitätsmaßstäben entsprechen die meisten Röntgenpraxen in Deutschland nicht. Niedergelassene Röntgenologen stellen das Screening gern als unnötig dar, müssen sich aber den Vorwurf gefallen lassen, sie wollten Konkurrenz abwehren.

Um bis zu 30 Prozent sei die Sterblichkeitsrate bei Brustkrebsfällen etwa in Schweden und den Niederlanden gesunken, heißt es in Studien. Die aber sind teilweise umstritten: Eine Metauntersuchung bescheinigte Anfang vergangenen Jahres nur zwei von acht Studien einen seriösen Umgang mit dem Zahlenmaterial. Ausgerechnet diese beiden Studien hatten keinerlei Effekte des Screenings messen können. Doch das ficht die Initiatorinnen des Antrags nicht an: Der Rückgang der Todesrate sei eine Tatsache, so die frauenpolitische Sprecherin der Grünen, Irmingard Schewe-Gerigk. Ob dieser nun direkt auf das Screening zurückzuführen sei oder auch nur auf die erhöhte Bereitschaft zur Vorsorge, die damit einherginge, sei dabei nebensächlich.

HEIDE OESTREICH