Schwule und Lesben als neue Zielgruppe

Eine Studie besagt: Homosexuelle reisen viel und sind konsumfreudig. Die Stadt Berlin umwirbt die Gay-Community

BERLIN taz ■ Michael Schmidt, Chef des Berliner Christopher Street Day e. V. (CSD), will keine Unterschiede machen: „Schwule und Lesben sind genauso bunt, genauso spießig und haben dieselben Probleme wie alle anderen auch.“ Ganz Recht hat er nicht, denn Schwule und Lesben heben sich in ihrem Konsumverhalten von der deutschen Durchschnittsbevölkerung ab.

Das besagt eine Studie, die zum 1. CSD-Salon „CSD und Wirtschaft“ vorgestellt wurde. Weil Schwule und Lesben mit 3.789 Mark Netto etwa 15 Prozent mehr verdienen als vergleichbare Singles, sitzt das Geld offenbar lockerer.Vor allem für Elektronik scheinen Homos besonders offen. Überdurchschnittlich oft besitzen sie Handys und PCs. 31 Prozent von ihnen haben einen ISDN-Anschluss und 60 Prozent verfügen über einen privaten Zugang in das Internet. Die Vergleichswerte der Gesamtbevölkerung liegen bei jeweils sieben und dreißig Prozent. Auffallend ist die Reiselust der Schwulen und Lesben. Statistisch verreisen sie 5-mal im Jahr und geben auf jeder Tour 2.390 DM aus. Der Durchschnittsdeutsche begnügt sich dagegen mit einem Reisebudget von 1.423 DM pro Jahr.

Im Berliner Senat hat sich die Konsumfreudigkeit der Gay-Community herumgesprochen. Wirtschaftssenator Branoner, der die Schirmherrschaft über den 1. CSD-Salon übernommen hatte, freut sich, dass Berlin die beliebteste Gay-Metropole Deutschlands ist. Gerechnet hatte er aber auch schon. 500.000 Besucher werden zum CSD am 23. Juni erwartet. Da hofft der Senator, dass Berlin bei den Hotelübernachtungen im europäischen Vergleich hinter Paris und London vom vierten auf den dritten Platz rücken könne, den Rom einnimmt. Berlins Tourismus Marketinggesellschaft vermarktet Berlin bereits gezielt unter Schwulen und Lesben. Zum „Gay-Marketing“ gehören spezielle Broschüren und Flyer. An einigen Türen von Touristeninformationen klebt ein Regenbogenfähnchen als Zeichen, dass hier Auskünfte für Schwule und Lesben über Clubs und Hotels gegeben werden. MARIUS ZIPPE