Beichten im Netz der Computer

In Frankfurt, wo gestern der 29. Evangelische Kirchentag begonnen hat, gibt es an öffentlichen Plätzen Aufkleber mit dem Hinweis: „Online mit Gott. 0 Pf./Min. Jesus ist der Weg.“ Für realistischere 2,9 Pfennig pro Minute konnte bislang, wer innere Einkehr am Computer suchte, auf der Seite „Online mit Jesus“ interaktiv beten oder digital beichten (www.beichte.de). „Denken Sie über Ihr Leben nach und seien Sie ein guter Mensch“, meint dort Hartmut Landwehr, der im wirklichen Leben Systemdesigner ist. Die Absolution per Mausklick erweckt den Eindruck, dass wir das Mittelalter noch nicht verlassen zu haben. Neben einem Jesus am Kreuz wird ein umfangreicher Sündenkatalog präsentiert, der von Bekenntnissen wie: „Ich habe genascht“ bis hin zu „Ich habe getötet“ reicht. Vater unser, der du bist im Himmel – als Gedächtnisstütze ist der Text noch mal abgedruckt – oder Ave Maria sind die auferlegten Strafen, je nach Schweregrad des angeklickten Vergehens. Auch die Seite www.kath.de/quodlibe/beichte/online.htm, die „virulente Beichte für Netscapisten ab 3.0“, macht aus einem Sünder nicht unbedingt einen Engel: „Bekennen Sie jetzt . . . die Absolution wird Ihnen in 30 Sekunden zugestellt – bitte warten Sie so lange hier.“ Genauso muss man sich wohl das Warten vor der Himmelspforte vorstellen. In naher Zukunft, hat der Papst übrigens angekündigt, wolle er sich dazu äußern, wie seine Kirche im Internet aussehen könnte. Bis dahin kann Beichten am Computer wohl auch für katholische Christen keine Sünde sein.

ANGELIKA HOFFMANN

hoffman@zdf.de