„Die Leute sagen: Alle Macht geht von uns aus“

Initiative „Neuwahlen jetzt!“ geht weiter – auch wenn Eberhard Diepgen abgelöst wird. Interview mit Stephan Noë, dem Koordinator der Initiative

taz: Haben Sie endlich die notwendigen 50.000 Unterschriften für das Volksbegehren für Neuwahlen zusammen?

Stephan Noë: Die aktuelle Zahl haben wir noch nicht, letzter Stand war 44.813. Ich denke aber, dass wir sie nach dem Wochenende haben werden. Das schwul-lesbische Straßenfest in der Motzstraße steht vor der Tür und die Besucher sind bestimmt ganz heiß darauf, uns die fehlenden Unterschriften zu bringen.

Anfangs hieß es, die Unterschriften wären nach zwei oder drei Tagen beisammen. Haben Sie das Interesse überschätzt?

Nein, denn wir dürfen eines nicht vergessen: Die Große Koalition hat diese Stadt im Politikbereich völlig gelähmt. Es herrschte eine Politikmüdigkeit, es hatte kaum jemand Lust, sich noch in politische Prozesse einzubringen. Unsere Initiative hat die Leute ermuntert, sich einzubringen und zu sagen: Alle Macht geht von uns aus.

Aber wenn SPD-Mann Klaus Wowereit Regierender Bürgermeister ist, sind die Unterschriften doch wertlos?

Der Druck auf die Abgeordnetenhausfraktionen, besonders auf die der CDU, soll bestehen bleiben. Ein neuer Senat allein ist nicht das Ziel unserer Initiative, es geht vielmehr darum, Neuwahlen zu erzwingen.

Ein neuer Senat reicht nicht?

Nach dieser verfahrenen Situation, die uns das Ende der Großen Koalition beschert hat, muss der Bürger als Souverän die Gelegenheit haben, die Karten neu zu mischen und einen neuen Regierungsauftrag zu erteilen.

Also sammeln Sie weiter und weiter und weiter . . .

Noch haben wir die notwendigen Unterschriften nicht. Und solange sich das Abgeordnetenhaus nicht auflöst, wollen wir den Druck erhalten. Erst wenn die CDU ihre unsinnige Blockadehaltung aufgibt, hat unsere Initiative ihren Zweck erreicht.

Und dann ziehen die beteiligten Parteien – Grüne, PDS und FDP – in den Wahlkampf gegeneinander?

Der Umgang miteinander ist durch die gemeinsame Initiative besser geworden, auch wenn es ab und zu mal ein wenig gerumpelt hat. Durch den Wahlkampf mag sich das ändern. Aber bisher gibt es keine Probleme.

INTERVIEW: DIRK HEMPEL