„Das wird dauern“

Erste Gelder an frühere Zwangsarbeiter fließen, sagt Michael Jansen, Chef der Entschädigungsstiftung

taz: Vorerst erhalten nur drei der sieben Partnerorganisationen Geld für die früheren NS-Zwangsarbeiter. Weshalb?

Michael Jansen: Wir haben am Freitag zunächst mit den Auszahlungen an die polnische und die tschechische Organisation sowie an die Jewish Claims Conference begonnen. Wir müssen die bei uns eingegangenen Anträge ja erst noch prüfen, das geht nicht alles auf einmal.

Wann haben alle Opfer die erste Rate (75 % in Polen, Tschechien, 65 % JCC) auf dem Konto?

Das wird dauern. Bei den Partnerorganisationen liegen rund eine Million Anträge vor. Davon sind etwa 350.000 bewilligt und werden nun bei uns eingereicht. Wollen wir die notwendigen Kontrollen durchführen, können wir die Anträge nur schrittweise abarbeiten – jeweils 10.000. Die erste Rate wird wahrscheinlich in 1,5 bis 2 Jahren ausgezahlt sein.

Mit der russischen Stiftung gibt es noch keinen Vertrag. Die Opfer müssen länger warten?

Der russische Vorsitzende ist schwer erkrankt. Seine Nachfolgerin ist erst seit einer Woche im Amt. Wir wollen den Partnervertrag aber heute in Berlin unter Dach und Fach bringen. Bei dem Treffen werden auch Vertreter der Sberbank [halbstaatliche Sparkasse; d. R.] dabei sein. Die Frage der Bankgebühren war lange offen. Wir erwarten, dass wir heute eine Einigung erzielen. Dann hätten wir keinen größeren Zeitverzug und könnten voraussichtlich im Juli an die russische Stiftung zahlen.

Bei ersten Entschädigungen sind dort 80 Millionen Mark verschwunden. Wie sorgen Sie künftig vor?

Zwischen unserem Projekt und den Zahlungen Anfang der 90er-Jahre besteht kein Zusammenhang. Das waren Globalüberweisungen ohne Kontrolle. Jetzt prüfen wir die Anträge stichprobenartig, haben Garantieerklärungen der Regierung, Kontrollverträge mit den Banken und entsenden Wirtschaftsprüfer. Die Öffentlichkeit erwartet die zügige Auszahlung. Das geht aber nicht so einfach, wenn zugleich totale Kontrolle gefordert wird. Hier galt es, einen vernünftigen Mittelweg zu finden – zumal alle Kosten aus dem Fonds finanziert werden.

Die Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft ist mit ihrem Beitrag in Verzug. Haben Sie eine Frist gesetzt?

Ich sehe derzeit keinen Verzug. Die Wirtschaft ist nach den internationalen Verträgen nicht an die Feststellung der Rechtssicherheit durch den Bundestag gebunden. Diese betraf den Beginn der Auszahlungen durch die Bundesstiftung. Die Wirtschaft ist der Auffassung, die Summe sei erst fällig, wenn die Prozesse in den USA erledigt sind.

Sie glauben, das Geld kommt?

Mit den 9 Milliarden Mark haben wir genug Geld, um die gesamten Zahlungen an die Zwangsarbeiter zu leisten. Polemische Grundsatzdiskussionen sind überflüssig. Im Übrigen hat die Wirtschaft erklärt, den ausstehenden Betrag kurzfristig zur Verfügung stellen zu wollen. INTERVIEW:

NICOLE MASCHLER