Dienstreise? Abgelehnt!

Kritische WDR-Journalisten dürfen nicht mehr ins Kosovo reisen. Der Grund: Sicherheitsbedenken. Die allerdings hat auch der Bayerische Rundfunk geschürt

BERLIN taz ■ Was Verteidigungsminister Rudolf Scharping nicht gelungen ist, haben jetzt Journalisten vom Bayerischen Rundfunk geschafft: die Autoren des viel beachteten WDR-Films „Es begann mit einer Lüge“ zumindest vorläufig an der Fortsetzung ihrer Arbeit zu hindern.

Mathias Werth und Jo Angerer, die in ihrer Dokumentation die Informationspolitik der Bundesregierung während des Kosovo-Krieges kritisch beleuchtet hatten, wollten demnächst erneut auf den Balkan reisen, um ihre Berichterstattung fortzusetzen. Dafür bekommen sie jedoch derzeit von ihrem Arbeitgeber keine Genehmigung – aus Sicherheitsgründen. „Ich unterschreibe in dieser Situation den Dienstreiseantrag nicht“, sagt Albrecht Reinhardt, Leiter der Programmgruppe Ausland im WDR.

Anlass für die Bedenken ist ein Beitrag in der Fernsehsendung „Weltspiegel“ vom 10. Juni. Darin hat Korrespondent Peter Miroschnikoff vom Bayerischen Rundfunk einen von ihm als eigentlich „gemäßigt“ bezeichneten UÇK-Kommandanten mit der Drohung zitiert, er wolle die Autoren des Films persönlich liquidieren, sollten sie jemals wieder im Kosovo auftauchen. Miroschnikoff hat sich von dieser Äußerung weder distanziert noch sie journalistisch eingeordnet – ein Vorgang, den die WDR-Chefredakteurin Marion von Haaren „unverantwortlich“ nannte. Beim WDR wird gegenwärtig erwogen, ob der Miroschnikoff-Bericht als „Beihilfe“ zur Androhung einer Straftat gewertet werden muss. Das wäre eine strafbare Handlung. Ungeachtet dessen versuchen die verschiedenen am „Weltspiegel“ beteiligten ARD-Redaktionen, zu einer gemeinsamen Einschätzung der Sachlage zu kommen. Gestern ist dieser Versuch allerdings zunächst gescheitert: Der Bayerische Rundfunk nahm an einer Schaltkonferenz, die sich auch mit diesem Thema befassen sollte, nicht teil. BETTINA GAUS