noch 193 tage bis zum euro
: taz-Serie über unser neues Geld. 11. Teil

Der Mittelstand schläft noch

Mancher Chef eines mittelständischen Unternehmens wird wohl noch lange an den Januar 2002 zurückdenken. Veraltete Buchhaltungsformulare und fehlendes Euro-Wechselgeld sind nur zwei Möglichkeiten, die ihr Geschäft ins Chaos stürzen könnten. Nach einer Forsa-Umfrage im Auftrag des Wirtschaftsmagazins impulse haben wenige Monate vor der Währungsumstellung 51 Prozent der kleinen und mittleren Unternehmen ihre Vorbereitungen nicht abgeschlossen. Hart könnte es zum Jahreswechsel vor allem umsatzschwächere Einzelhandelsgeschäfte und Handwerksbetriebe treffen, wo die Gleichgültigkeit dem Euro gegenüber besonders groß ist. „Die meisten Firmen erkennen die Brisanz der Währungsumstellung überhaupt nicht“, sagt Clemens Range, Sprecher des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW). Nach seinen Angaben ist nur jeder dritte deutsche Handwerksbetrieb Euro-tauglich. 15 Prozent der Handwerker erwarten die Euroeinführung erst für Mitte des nächsten Jahres und 25 Prozent glauben, auch 2002 ihre Bücher in DM führen zu können. Dabei statten bereits ab 1. September die Banken Unternehmen mit Euros in bar aus.

Die Schuld für das geringe Wissen sieht Mittelstandssprecher Range bei der Bundesregierung. „Die Politik hat es versäumt, über das neue Geld richtig aufzuklären.“ Statt alles nur schönzureden, hätte es praxisorientierte Informationen gebraucht. Der Euro hätte mit Hilfe von Banken in Seminaren und Vorträgen vor Ort vorgestellt werden können.

Für viele Unternehmen könnte es mittlerweile schon zu spät sein. Experten gehen davon aus, dass die Umstellung kaum in weniger als einem halben Jahr zu schaffen ist. Preise und Kalkulationen müssen überprüft werden, Kassen vorübergehend in zwei Währungen rechnen.

Die Zeit drängt und die Unsicherheit nimmt zu. In der Forsa-Umfrage gaben drei Viertel aller Firmen an, dass sie zur Währungsumstellung mit Pannen rechnen. Besonders groß ist die Furcht vor Falschgeld. Blüten können in den ersten Tagen besonders leicht abgesetzt werden, weil die Scheine noch unvertraut sind. MARIUS ZIPPE

Und nächsten Donnerstag: Wie die EU-Kommission die Euro-Einführung vorbereitet