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Verknotete Knete

„Celebrity Deathmatch“ steht in einer langen Trash-Tradition. Seit den 70ern wuseln Gummiwesen über den Bildschirm

Mit einem Quietscher fällt eine gelbe Kugel vom Himmel. Sie rollt ein wenig, pausiert kurz und formwandelt sich in ein Männchen mit großen Augen. Eine zweite Kugel hüpft ins Bild, auch daraus morpht sich ein Männchen. Die beiden machen Geräusche wie gut gelaunte Labormäuse und versuchen, rote Äpfel von einem dicken, grünen Baum zu schütteln. Irgendwann verwandelt sich das erste Männchen in eine Leiter, die das andere raufklettern und die Äpfel herunterwerfen kann. Praktisch, wenn man aus Knete ist.

Ab heute läuft „Celebrity Deathmatch“, das Knetgummi-Event mit Splatterfaktor, auf MTV in deutscher Version. HeldInnen der hiesigen Populärkultur steigen in den Ring: Bela B. von den Ärzten verprügelt Campino von den Toten Hosen, Thomas Gottschalk und Kai Pflaume verknoten sich, und Stefan Raab und Harald Schmidt liefern sich ein brutales Witzeduell.

Vor vier Jahren wurde diese respektlose und innovative Art der Erwachsenenunterhaltung – Knetgummi ist hervorragend geeignet für brutale Zerplatzorgien – von den USA mit ihrer TV-Trash-Tradition vereinnahmt. 1997 wrestelte auf MTV erstmals ein Plaste-Klon des Massenmörders Charles Manson in „Celebrity Deathmatch“ gegen den Popstar Marilyn Manson um den Titel des „Most Evil Man in America“. Im Rahmen der Knetgummi-Todeskämpfe würgten und prügelten sich schon die Oasis-Brüder Liam und Noel Gallagher, Aretha Franklin und Barbra Streisand und, im „Battle of the Bonds“, Sean Connery und Roger Moore.

Seit den 70er-Jahren gibt es solche Knetgummifiguren: in der deutsch-amerikanischen „Sesamstraße“ die Plonsters (die „Plastilin-Monster“ Plif, Plops und Plummy), in der „Rappelkiste“, einem verhältnismäßig antiautoritären deutschen Kind der 70er, die Ompis. Knetgummifiguren sind beliebt, weil sie extrem formbare und im Gegensatz zu manchen Zeichentrickfilmen relativ simpel zu produzierende Unterhaltung bedeuten. Echte Puppen muss man basteln, nähen, schneiden, kleben, und dann haben sie nur eine begrenzte Mimik und eingeschränkte Verwandlungsmöglichkeiten. So einer Knetefigur matscht man einfach die Hände nach oben und knallt sie auf den Boden: Schon hat man den schönsten Crash.

Niedlich waren Knetgummifiguren nie. Wer will schon mit etwas schmusen, das nach einer Weile die Hände schmuddelig, klebrig und dieses Weichplastik-Aroma verströmend zurücklässt? Nein, Knetgummi ist eher etwas für wilde Herumtober oder stille Kreative. Und ein Sargnagel für den, der’s wegmachen muss: Die Oberflächen, auf denen man das Zeug gerollt oder platt gekloppt hat, sind stumpf, das Knetgummi selbst ist nicht mehr gelb, rot oder blau wie in der Packung, sondern mit kleinen Krümeln, Flusen, toten Fruchtfliegen und anderem Tischschmutz gesprenkelt.

Seit Ende der 70er gucken auch Erwachsene zu, wenn geknetete Männchen und Tierchen die wulstigen Lippen bewegen oder mit den Augen rollen: Seit die Briten David Sproxton und Peter Lord den Charakter „Morph“ 1976, vier Jahre nach der Gründung ihrer Firma „Aardman Animations“, das erste Mal auf dem Bildschirm gegen irgendetwas prallen ließen, gibt es eine Menge Fans jenseits des Selbst-Knete-Alters. Der richtig große Aardman-Boom kam erst Ende der 80er, als reizende, bemitleidenswerte Zootiere in der Serie „Creature Comforts“ in verschiedenen Dialekten über ihre Probleme mit ihrer Behausung („We need more space!“) sprachen. Dafür bekamen die Briten mit den Zauberhänden sogar einen Oscar. Wallace und Gromit, der trottelige Käseliebhaber mit seinem nonchalanten Hund, sind die bekanntesten Charaktere der Aardman-Fabrik, die auch schon Musikvideo-Animationen, etwa „Viva Forever“ von den Spice Girls, kneteten. In der deutschen Version von „Celebrity Deathmatch“ nun ist die Idee noch genau so gut wie beim US-Original. Doch die Bosheit, mit der die Amerikaner beispielsweise Britney Spears „Shall I hit you one more time, baby?“ zu Christina Aguilera sagen lassen, gepaart mit der US-Wrestling-Tradition, bei der es eigentlich immer mehr um Maulheldentum („Trash-Talking“) als um wirklichen körperlichen Kampf ging, bleibt in der deutschen Variante eher blass. Zwar ist es noch recht spaßig, wenn Campino und Bela B. erst einmal wie reviermarkierende Rüden in die Ecken des Celebrity-Deathmatch-Boxrings pinkeln, bevor sie loslegen. Oder wenn die Sabrina-Setlur- und Verona-Feldbusch-Puppen beim Schlammcatchen so viele Schimpfworte benutzen, dass es nur noch piept. Doch die Originalserie ist in ihrem Umgang mit Tabubrüchen und schlechten Witzen um einiges eleganter.

Wer also mit der deutschen Produktion konkurrieren und vielleicht eine eigene Puppen-Verklopp-Show ins Rennen schicken möchte, dem sei hier ein Rezept für selbst gemachtes Knetgummi ans Herz gelegt: Aus einem Kilo Mehl, 500 Gramm Salz, 100 Gramm Alaun (Kaliumaluminiumsulfat), Lebensmittelfarbe, sieben Esslöffeln Öl und einem Liter kochendem Wasser lässt sich prima Öko-Knete herstellen. Alles biologisch abbaubar: So hat man nach dem Gemetzel wenigstens keine Recycling-Probleme. JENNI ZYLKA

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