Mit Geld zum Friseur

Die taz Hamburg kennt den Gewinner des Lotto-Jackpots aus Hamburg: Kollege Gernot K. ist um 18 Millionen Mark reicher  ■ Von Eberhard Spohd

Der Jackpot ist geknackt. Rund 36 Millionen Mark haben neue Besitzer gefunden. Die Hälfte davon geht an einen Lotto-Spieler in Hamburg. 18.041.152,60 Mark werden ihm in den kommenden Tagen überwiesen. Bereits um 8.30 Uhr am gestrigen Morgen sei er mit seinem Quittungsabschnitt in der Lottozentrale gestanden, berichtete Susanne Wolff, Sprecherin von Nordwest Lotto. Er wolle absolut anonym bleiben. Wir aber wissen, wer er ist.

10 Uhr am Montagmorgen, Redaktionskonferenz im großzügigen Loft der taz hamburg. „Wo ist eigentlich Gernot?“, hallt es durch die Hallen. Und tatsächlich: Öko-Redakteur Gernot K., sonst die Zuverlässigkeit in Person, ist nicht da. Der Platz, an dem er sein Müsli einzunehmen pflegt, bleibt verwaist. Kollegin W. erzählt von einer rätselhaften SMS, die sie am Vorabend erhalten habe: „Bin noch bis 20 Uhr zu erreichen, ruf mich an.“ Ohne Unterschrift, ohne Kennung. Sollte K. etwas zugestoßen sein?

Doch langsam wird es uns klar: Der bislang stets so sympathisch wirkende Ulmer hat groß abgesahnt. Da meldet dpa, der Gewinner wolle „erstmal zum Friseur und dann ein neues Portemonnaie“. Wir erinnern uns an das abgenutzte, speckige Stück Schweinsleder, in dem er seine paar Münzen durch die Stadt trug. Klar, dass er jetzt etwas Repräsentativeres benötigt. Schließlich werden sich ab jetzt und erstmals seit vielen Jahren wieder Scheine in seinem Geldbeutel finden lassen.

41 Jahre alt sei der Gewinner, meldet uns dpa. Wir hätten Gernot K. jünger eingeschätzt. Auf diese Weise erfährt man es dann. Uns fallen die schütteren Haare ein. „Ganz typisch Gernot“, erregt sich die Kollegin S., „keine Haare auf dem Kopf, aber kaum zu Geld gekommen, rennt er zum Friseur.“ Wohlmeinende innerhalb der Redaktion glauben noch an das Gute im Redakteur: „Der kommt bestimmt wieder und rettet mit dem Zaster die taz“, hofft Kollege A. Doch daran glaubt niemand mehr, als Magda S. berichtet, dass Gernot den Coup von langer Hand vorbereitet hat: „Der hat doch schon vor Wochen Urlaub angemeldet. Der will doch nur unauffällig verschwinden.“ Empörung macht sich breit auf den weiten Fluren des Gebäudes.

Erst als der Layouter K. alle da-rauf hinweist, dass da „ein Bruch in der Logik“ sei, beruhigen sich alle. Niemand hatte Gernot im Ernst eine solche Schandtat zugetraut. Aber wollte Birgit H. nicht „unbedingt Lotto spielen, wegen des Jackpot“? Und passt das nicht auch vom Alter her besser? Und fehlt sie nicht auch am heutigen Tag? Zwar passt das Geschlecht nicht, aber hat die Lotto-Gesellschaft da nicht gelogen, um die Gewinnerin zu schützen? Außerdem sei das „ganz typisch Birgit“, erregt sich die Kollegin S., „kaum zu Geld gekommen, rennt sie zum Friseur“. Empörung macht sich breit auf den weiten Fluren des Gebäudes...