: Hamburg kann doch weiterleben
Senat feiert den Länderfinanzausgleich als persönlichen Erfolg Ortwin Rundes ■ Von Peter Ahrens
Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) brauchte mal wieder einen Erfolg, und der Bundeskanzler hat ihm zu einem verholfen. Gerhard Schröders Zaubertrick vom Wochenende, den Länderfinanzausgleich mit den Bundesländern so zu vereinbaren, dass sich alle anschließend als Gewinner fühlen konnten, verbucht der Hamburger Senat nicht zuletzt als persönliches Verdienst Rundes. „Er hat bei den Verhandlungen Hamburgs Interessen mit unermüdlichem Einsatz hervorragend vertreten“, überschlägt sich SPD-Landeschef Olaf Scholz, und auch die GAL trägt in Gestalt von Rundes Stellvertreterin Krista Sager dick auf: „Das Ergebnis zeigt, dass, wenn es um die wirklichen Schicksalsfragen unserer Stadt geht, Hamburgs Interessen bei Rot-Grün in guten Händen liegen.“ Und tatsächlich hat Hamburg zumindest besser abgeschnitten, als es Pessimisten vor einem Jahr noch befürchtet hatten. Die strittige Einwohnerwertung zu-gunsten der Stadtstaaten bleibt bestehen, und auch bei den so genannten Hafenlasten hat Runde für Hamburg einiges herausgeholt.
Es ist ein Erfolg, der für das Image des Bürgermeisters wie maßgeschnitten ist. Lange zähe Verhandlungen, komplizierte Rechenexempel, Aktenberge, und am Ende ein zufriedenstellendes Ergebnis – genauso will (und nur so kann) die SPD ihren Bürgermeister verkaufen: Der emsige Arbeiter, der in mühevoller Kleinarbeit das Beste für seine Stadt erreicht. Problematisch nur, dass das bei einem so drögen Thema wie den Länderfinanzen geschieht. CDU-Herausforderer Ole von Beust hat schon vor Monaten festgestellt, mit Themen wie dem Länderfinanzausgleich könne man im Wahlkampf keinen Blumentopf gewinnen.
Die SPD ignoriert das und streicht die Leistungen, die Runde bei den Verhandlungen errungen hat, heraus. Tatsächlich gehörte Runde zu den Ministerpräsidenten, die sich in das Thema hineingefuchst haben und gut auskannten. Hamburg entwickelte während der Verhandlungen eigene Modelle, andere Länder wie gerade die Südschiene Bayern, Hessen, Baden-Württemberg, die den Finanzausgleich komplett umstricken wollte, glänzte dagegen über Monate durch Passivität.
Resultat der Fleißarbeit: Von der Gefährdung des Stadtstaates Hamburg, die bei einem Kippen der Einwohnerwertung schon an die Wand gemalt wurde, war schon seit Monaten nicht mehr die Rede. Die Wertung, nach der sich Hamburg, Berlin und Bremen mittels eines komplizierten Umrechnungsmodus besser stellen als die Flächenländer, wird auch in den kommenden sieben Jahren bestehen bleiben. Der Bund und die anderen Länder beteiligen sich darüber hinaus auch künftig an den Kosten für den Unterhalt des Hafens, weil – diese Erkenntnis hat sich jetzt durchgesetzt – auch sie von der Infrastruktur der Seehäfen profitieren. Auch in Bayern werden Waren verkauft, die über Hamburg umgeschlagen werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen