Kampfhunde vor Gericht

Die Hundeverordnung beschäftigte gestern das Verfassungsgericht. 35 Hundehalter hatten dagegen geklagt. Senat hält Verordnung für wasserdicht. Urteil Mitte Juli

Da waren sie also gestern alle wieder gekommen, die Hundehalter mit ihren „Stoppt Hundehass“-Aufklebern auf Blusen und T-Shirts, die Gesichter voller böser Wut. Denn gestern fand vor dem Berliner Verfassungsgerichtshof eine öffentliche Anhörung in jener Angelegenheit statt, die diese speziellen Hundefreunde in ganz besondere Erregung stürzt: die umstrittene Berliner Hundeverordnung. 35 Hundebesitzer hatten bei dem Gericht Beschwerde gegen den seit letzten Sommer geltenden Erlass eingereicht. Damit wenden sie sich gegen drastische Beschränkungen für Kampfhundehalter und fordern eine Rücknahme der Verordnung. Und so hatte denn die gemeinsame Sache knapp hundert Hundehalter gestern als solidarisches Publikum zum Verfassungsgerichtshof getrieben. „Der Maulkorb muss weg“, proklamierte eine Aktivistin vor der Verhandlung ihr Ziel.

Denn nach dem Erlass dürfen zwölf Hunderassen nicht mehr ohne Leine und Maulkorb in die Berliner Öffentlichkeit geführt werden. Für fünf Kampfhundrassen, die als besonders gefährlich eingestuft werden, besteht überdies eine Anzeige- und Kennzeichnungspflicht sowie ein Zuchtverbot. Darunter fallen Pit-Bull, American Staffordshire Terrier, Staffordshire Bullterrier, Bullterrier und Tosa Inu.

Die klagenden Hundehalter sehen in der Verordnung einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz und eine „massive“ Benachteiligung. „Die Hunde dieser Rassen sind schließlich nicht gefährlicher als andere Hunde“, argumentierte gestern die Anwältin der Hundehalter Annett Löwe.

Vielmehr führten der Maulkorb- und Leinenzwang bei bislang harmlosen Tieren zu Verhaltensauffälligkeiten, sagte sie. Die Hunde würden damit also erst zu einer „Gefahr für die öffentliche Sicherheit“ gemacht. Kurzum, „die Verordnung war ein krasser Fehlgriff“. Und die Hundehalter hätten sich von den Medien auch noch öffentlich diffamieren lassen müssen.

Fast hätte die Anwältin für diese Worte Applaus vom Publikum geerntet. Auf knurriges Kopfschütteln stießen dagegen die Erklärungen der Gegenseite: Die Kennzeichnungspflicht sei keine Diskreditierung, sondern diene der Kontrolle, meinte Rechtsanwalt Thomas Kunze, der den Senat vertritt. Kunze begründete die „Gefährlichkeit“ dieser Hunderassen mit dem nachweisbar „hohen Aggressionspotential“ und der „hohen Beißkraft“ der Tiere. Ein Maulkorb sei für die Hunde zwar lästig, aber dennoch notwendig, vor allem in einer Stadt wie Berlin.

Das Gericht will das Urteil am 12. Juli verkünden. Dann wird auch entschieden, ob die Beschwerden beim Verfassungsgerichtshof überhaupt zulässig sind oder ob die Kläger nicht doch den normalen Weg durch die Instanzen der Verwaltungsgerichte beschreiten müssen.

Sozialsenatorin Gabriele Schöttler (SPD) hält die Verordnung jedenfalls für „wasserdicht“. Der Soforterlass war vor knapp einem Jahr nach der tödlichen Attacke von Kampfhunden auf einen sechsjährigen Jungen in Hamburg eingetreten.KIRSTEN KÜPPERS