„John bekommt bessere Jobs als Joan“

USA Vorbild bei Gleichstellung? Nicht wirklich, sagt die Chefin des Center for American Women and Politics New Jersey

taz: In Deutschland streiten wir über ein Gleichstellungsgesetz für die Wirtschaft, in den USA scheint man schon weiter zu sein. Dank „Affirmative Action“ (AA), so heißt es, sind bereits 40 Prozent der Managementstellen von Frauen besetzt . . .

Mary Hawkesworth: Die schöne Statistik bezieht sich leider nur auf das mittlere Management. Auf der höchsten Führungsebene in der Privatwirtschaft sind nur 5 Prozent Frauen.

Woran liegt das?

Fachleute für Personalwesen haben herausgefunden, dass weiße Männer Leute einstellen wollen, mit denen sie sich „wohl fühlen“: die etwa die gleiche Religion haben und die gleichen Hobbys oder in die gleichen Clubs gehen. Und Frauen und Schwarze haben selten die gleichen Hobbys oder Interessen oder besuchen den gleichen Club. Dieser Wohlfühl-Faktor sollte durch AA überwunden werden. Aber als ich mit meinem Studium fertig war und mich bewarb, haben mir mehrere Universitäten offen gesagt, dass sie mich nur zum Bewerbungsgespräch eingeladen hätten, um ihre Frauenquote zu erfüllen. Sie mussten nur nachweisen, dass sie eine Frau eingeladen hatten.

Aber Frauen können doch gegen Diskriminierung klagen?

Ja, aber dazu muss man einen Anwalt nehmen oder Beschwerde bei der Equal Employment Opportunity Commission, der EEOC, einlegen. Leider ist diese Organisation, seitdem Reagan ihren Etat zusammengestrichen hat, nicht mehr sehr effektiv. Sie haben im Laufe ihrer Geschichte höchstens 10 Prozent der hunderttausende von Fällen behandelt, die ihnen vorgelegt wurden. Und Prozesse kosten viel Geld.

Immerhin können Verbände stellvertretend für einzelne Frauen klagen. Auch das gibt es in Deutschland nicht. Hat sich dieser Weg bewährt?

Das ist nicht so leicht. Die Klägerinnen müssen Diskriminierung nachweisen. Da aber die Absicht einer Person schwer nachzuweisen ist, hatten Klagen gegen Geschlechtsdiskriminierung bisher relativ selten Erfolg.

Affirmative Action ist trotzdem nicht beliebt. Kalifornien hat sie bereits abgeschafft. Warum klagen so viele dagegen?

Das sind konservative Gruppen, vor allem weiße Männer. Sie sagen: Wenn Rasse und Geschlecht Kriterien für die Einstellung werden, so bedeutet das eine Diskriminierung weißer Männer. Der Grund dafür, dass es so wenige Frauen und Schwarze in höheren Positionen gebe, hänge mit fehlender Qualifizierung zusammen. Das Problem sei der Mangel an Fachkräften und nicht Diskriminierung. Wenn also ein Unternehmen bei der Einstellung eine Frau oder einen Schwarzen bevorzuge, sei das eine Diskriminierung eines besser qualifizierten weißen Mann. Denn natürlich gehen sie immer davon aus, dass ein weißer Mann besser qualifiziert ist.

Und wenn das stimmt?

Das stimmt aber meistens nicht. Die Sozialpsychologie hat wunderbare Studien zu geschlechtsspezifischen Vorurteilen gemacht. Die Autoren einer Studie haben zwei Lebensläufe verteilt, die völlig identisch waren, was die Bildung und die Berufserfahrungen betrifft, ordneten aber den einen Lebenslauf einem John Smith zu, den anderen einer Joan Smith. Diese beiden Lebensläufe wurden an Männer und Frauen verteilt, verbunden mit der Frage: Wenn Sie die Person einstellen wollen, an welcher Stelle ihrer Firma würden Sie sie einsetzen und was würden Sie ihr bezahlen? Das Ergebnis: John Smith bekam immer einen besseren Job mit höherem Gehalt als Joan Smith. Auch andere Studien zeigen ein deutliches Vorurteil zugunsten weißer Männer. Wir haben also eine Menge Daten, die eindeutig vorurteilhafte Bewertungen belegen. Wir brauchen also auch effektivere Gesetze, genau wie Sie in Deutschland.

INTERVIEW: ULRIKE HELWERTH