Die Bewegung bewegt sich

Uganda auf dem Weg zum Mehrparteiensystem: Nach der jüngsten Parlamentswahl denkt die herrschende „Nationale Widerstandsbewegung“ über Reformen nach

BERLIN taz ■ In Uganda ist gestern mit der feierlichen Vereidigung des neu gewählten Parlaments eine Zeit der politischen Beweglichkeit angebrochen, die zur Abschaffung des geltenden „Nichtparteiensystems“ führen könnte. Nie saßen in Ugandas Legislative so viele Anhänger eines richtigen Mehrparteiensystems, urteilen lokale Medien nach der Parlamentswahl vom 26. Juni.

Seit 1986, als die damaligeGuerillabewegung „Nationale Widerstandsbewegung“ (NRM) unter Präsident Yoweri Museveni die Macht ergriff, gilt in Uganda das „Movement-System“. Darin ist die NRM die einzige frei operierende politische Kraft, und ihre internen Strukturen werden von allen Bürgern gewählt. Die vor 1986 existierenden Parteien, die Museveni als tribalistisch kritisiert, gibt es zwar immer noch, aber sie dürfen nur eingeschränkt tätig sein; auf allen politischen Ebenen finden freie Wahlen zwischen mehreren Kandidaten statt, aber diese müssen als Einzelpersonen gegeneinander antreten. Das brachte Uganda nach 1986 zwar politische Stabilität, wird aber zunehmend als überholt angesehen.

Es sei Zeit, dass die NRM sich im Hinblick auf die nächsten Wahlen 2006 in eine Partei verwandele, sagte jetzt Hamis Kaheru, Minister für Kommunalverwaltung und NRM-Wahlkampfleiter bei der Parlamentswahl. Das sei „selbstverständlich und ein normaler Prozess“. NRM-Größen wie Präsidialminister Ruhakana Rugunda und NRM-Politkommissar James Wapakhabulo stimmten ihm zu.

Erst vor einem Jahr hatte Ugandas Bevölkerung in einer Volksabstimmung für die Beibehaltung des Movement-Systems gestimmt. Doch schon seit Jahren gibt es in der NRM eine Diskussion, ob es nicht besser wäre, wenn die verschiedenen politischen Meinungen des Landes sich offen und getrennt voneinander organisieren könnten, anstatt alle zusammen in den Institutionen der NRM sitzen zu müssen und diese damit zu paralysieren. Bei der Präsidentschaftswahl vom März 2001 war Amtsinhaber Museveni in Schwierigkeiten geraten, als sein ehemaliger Leibarzt und NRM-Mitgründer Kiiza Besigye unerwarteterweise gegen ihn antrat. Unter einem normalen Mehrparteiensystem hätte Besigye eine eigene Partei gründen müssen – so aber konnte er im Herzen der NRM gegen den Staatschef agitieren. Seitdem ist allen wichtigen Politikern Ugandas klar, dass vor den nächsten Präsidentschaftswahlen 2006, zu denen Museveni nicht mehr antreten will, die Verfassung geändert werden muss.

Bei der Parlamentswahl vom 26. Juni wurden die Anhänger des Mehrparteiensystems gestärkt. Zwölf Minister und über 50 bisherige Abgeordnete verloren ihre Sitze, darunter zahlreiche Anhänger Musevenis. „Dieses Parlament wird die politische und wirtschaftliche Zukunft dieses Landes bestimmen; deshalb kommen alle diese Mehrparteienanhänger zurück, die früher Wahlen boykottiert haben“, sagte dazu NRM-Sprecher Ofwono Opondo.

Ablehnende Stimmen zu einer Öffnung kommen bisher nur von der Armee. Präsident Museveni selbst hat keine Position bezogen, scheint die Debatte aber nicht zu mögen. Diejenigen, die die Umwandlung der NRM in eine Partei forderten, sollten „ignoriert“ werden, sagte Museveni am Wochenende: „Wir haben Gremien, um Dinge zu diskutieren.“ DOMINIC JOHNSON