Pepe Rei vor Gericht

Die wohl umstrittenste Persönlichkeit der spanischen Presselandschaft muss sich vor Gericht verantworten. Pepe Rei, einst Recherchechef der baskischen Tageszeitung Egin und danach Chef der Zeitschrift Ardi Beltza, wird der „Zusammenarbeit mit ETA“ angeklagt. Das bestätigten letzte Woche drei Richter des obersten spanischen Strafgerichtshofes, der Audiencia Nacional. Sie geben damit dem Ermittlungsrichter Baltazar Garzon freie Hand.

Garzon, der im März 1998 die Egin-Redaktion durchsuchen und die Zeitung wenig später schließen ließ, beschuldigt Rei, „im Dienste ETAs“ gestanden, und „Informationen, über die er in seiner Funktion als Chef der Rechercheabteilung verfügte“, weitergegeben zu haben. Garzon fand bei verschiedenen ETA-Kommandos Unterlagen aus Reis Abteilung über baskische Unternehmer, die von ETA erpresst wurden. Besonders wichtig ist dabei ein Dokument über einen Polizeipsychologen. Der Text befand sich auf der Festplatte von Reis Computer. Das widerlegt, so die Richter, dass andere Personen – ohne das Wissen von Rei – ETA mit den Unterlagen beliefert haben.

Rei war erst Mitte Juni aus der Haft entlassen worden. Die gleichen Richter, die jetzt die Ermittlungen gegen ihn zuließen, schlugen damals ein Verfahren wegen „Mitgliedschaft in einer bewaffneten Bande“ nieder. Rei war von mehreren Journalisten angezeigt worden, nachdem seine Zeitschrift Ardi Beltza ein Video veröffentlichte. In diesem Film („Journalisten: Das Geschäft mit der Lüge“) wurden mehrere Pressemitarbeiter beschuldigt, im Dienst des spanischen Innenministeriums zu stehen und gegen „die baskische Sache“ zu arbeiten. Mehrere Journalisten waren für das Video interviewt worden. Die Interviews erstellte damals der deutsche Journalist und ständige Mitarbeiter der Jungen Welt, Ralf Streck. Zu keinem Zeitpunkt war den Betroffenen mitgeteilt worden, dass die Interviews für eine Zeitschrift aus dem ETA-Umfeld gedacht waren.

Mehrere der im Video genannten Journalisten wurden Opfer von Anschlägen. Die Veröffentlichungen von Ardi Beltza lägen „im Rahmen normaler journalistischer Arbeit“, hatten die Richter jedoch erklärt, als sie im Juni die Anklage ablehnten. Die Argumente Garzons, wonach die Zeitschrift Reis die Morde publizistisch vorbereitete, wollten sie nicht nachvollziehen.

RAINER WANDLER