Wo der Opiumschmuggel blüht

Tadschikistan ist ein zerrissenes Land. Lokale Machthaber haben unter dem Schutz staatlicher Instanzen ihre Claims abgesteckt. Der Staat verdient mit am Opiumhandel

HAMBURG taz ■ Mit einem Interview in der Moskauer Zeitung Kommersant unter dem Titel: „Der nächste Bündnispartner Russlands in Tadschikistan wird ein Drogenbaron sein“ hatte der tadschikische Journalist Dododjon Atovulloev im vorigen Sommer einen Medienskandal entfacht, der die tadschikischen Machthaber weiter gegen ihn aufbrachte. In der russischen Zeitung beschuldigte er die Regierung in Duschanbe, tief ins Opiumgeschäft verwickelt zu sein und hinter den Überfällen der islamischen Extremisten auf Kirgistan und Usbekistan, die in diesem Sommer Zentralasiens erschütterten, zu stehen.

Das Geschäft mit Opium und Heroin blüht tatsächlich in Tadschikistan. Der Opiumschmuggel aus dem benachbarten Afghanistan, so analysiert eine UN-Studie, wird immer mehr zur Ursache von Destabilisierung und Kriminalisierung der gesamten zentralasiatischen Region.

Tadschikistan ist trotz des nunmehr dreijährigen Friedens ein zerrissenen Land. Kurz nach dem Zerfall der Sowjetunion brach nach einer kurzen demokratischen Phase ein blutiger Bürgerkrieg aus. In diesem sechs Jahre währenden Krieg zwischen der von Moskau gestützten Regierung und der von der islamischen Bewegung Tadschikistans dominierten Opposition vermischten sich ein widerstrebender Regionalismus mit ideologischen und religiösen Interessen. Nach dem Friedensschluss kontrollieren nunmehr das Land faktisch selbstständig agierende Feldkommandanten aus den Reihen der früheren Opposition und Regierung. Unter dem Schutz staatlicher Ämter regieren sie wie Fürsten in ihren Herrschaftsbereichen und teilen die Reichtümer des armen Landes unter sich auf.

Tadschikistan ist das einzige zentralasiatische Land, in dem Russland nach wie vor eine gewaltige Truppenpräsenz unterhält. Die Truppen sind am Drogenschmuggel beteiligt, sei es direkt oder dadurch, dass sich ein Offizier einen Augenblick des Wegsehens im rechten Moment bezahlen lässt. Die Flugzeuge und Hubschrauber der russischen Armee unterliegen keiner Kontrolle. Es gab Fälle, dass im Sarg eines erschossenen Soldaten kein Leichnam, sondern Opiumpäckchen zu finden waren.

Zudem sind die staatlichen Stellen in Tadschikistan am lukrativen Geschäft beteiligt. In Jeeps der tadschikischen Botschaft in Almaty wurde 1999 bei einer Kontrolle 62 Kilo Heroin, ein Scheck über 201.000 englischen Pfund und 54.000 US-Dollar in bar gefunden. In einem anderen Fall ließ die Gattin des Zollchefs von Duschanbe ihren Mann von seiner Leibwache hinrichten, da dieser ihr im Opiumgeschäft in die Quere kam. Die Familie des Mannes rächte den Mord bei der Beerdigung und schoss die junge Witwe am Grab nieder.

Ein weiterer Faktor im Opiumtransfer sind die ehemaligen Mudschaheddingeneräle der tadschikischen Opposition. Ein Grund für den Einfall der islamischen Extremisten nach Kirgistan und Usbekistan war u. a. die Absicherung der Opiumrouten durch Zentralasien.

Die UN versucht seit vorigem Jahr mit Hilfe eines staatlichen Komitees des Schmuggels Herr zu werden. Aber ein Mann aus der nächsten Umgebung des Präsidenten hat seine Zweifel: „Solange hoch gestellte Personen in diesem Land ihre persönlichen Interessen mit dem Opium verbinden, wird eine solche Kommission keinen Erfolg haben.“

MARCUS BENSMANN